Zwei Tage nach der feierlichen Einweihungsveranstaltung wurde das Denkmal für die ermordeten Juden Europas heute der Öffentlichkeit übergeben. Das Stelenfeld wurde von Tausenden Besuchern aus aller Welt, darunter viele Schulklassen, aufgesucht. Im Ort der Information wurden bis 16 Uhr 1.800 Gäste gezählt, die sich von der Präsentation sehr beeindruckt zeigten. Gleichzeitig wurden die zwei Straßen, die mit der Errichtung des Denkmals gebaut wurden, dem Verkehr übergeben. Sie tragen die Namen jüdischer Frauen: Cora Berliner und Hannah Arendt.
Cora Berliner wurde 1890 als Kind einer deutsch-jüdischen Bürgerfamilie in Hannover geboren. Nach der Reifeprüfung nahm sie das Studium der Volkswirtschaft auf und war in der jüdischen Jugendbewegung aktiv. 1916 wurde sie Vorstandsmitglied des Deutschen Verbandes der Sozialbeamtinnen. Nach 11jähriger Tätigkeit im Reichswirtschaftsministerium wurde sie 1930 Professorin für Wirtschaftswissenschaften in Berlin. Bereits drei Jahre später mußte sie wegen des »Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« ihre Lehrtätigkeit einstellen. In der Folgezeit arbeitete sie als Funktionärin jüdischer Organisationen. Cora Berliner wurde vermutlich im Sommer 1942 aus Berlin deportiert. Der Ort und die Umstände ihres Todes sind nicht bekannt.
Hannah Arendt wurde 1906 bei Hannover geboren, ihre Kindheit erlebte sie in Königsberg/Ostpreußen. Nach dem Abitur studierte sie Philosophie, Theologie und Griechisch. Anfang der 30er Jahre entwickelte sie eine eigene Haltung zur Frage der Assimilation deutscher Juden. Als die Nationalsozialisten die Macht erlangt hatten, wurde Ahrendts Berliner Wohnung zu einem zentralen Treffpunkt für politisch Verfolgte. Nach einer kurzzeitigen Verhaftung gelangte sie über Prag nach Paris, wo sie die Emigration jüdischer Kinder nach Palästina organisierte. Im Sommer 1940 wurde sie einige Wochen im französischen Lager Gurs interniert. Ihr gelang die Flucht und sie emigrierte 1941 in die USA, wo sie für verschiedene Emigrantenzeitungen arbeitete. Mit ihrer 1951 erschienenen Arbeit »The Origins of Totalitarism« etablierte sie sich als bedeutende gesellschafts- und politikwissenschaftliche Theoretikerin. 1963 erschienen ihre Artikel zum Eichmann-Prozeß unter dem Titel »Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht über die Banalität des Bösen«. Hannah Ahrends leistete mit ihren Arbeiten einen zentralen Beitrag zur Analyse der Ursachen der NS-Diktatur. Sie starb 1975 in New York.
Zusammen mit der Fertigstellung der Ebertstraße, deren östliche ans Stelenfeld grenzende Hälfte ebenfalls neu gebaut wurde, ist das Denkmal nicht nur verkehrlich sehr gut erschlossen, sondern auch in künstlerischer Hinsicht vervollständigt worden. Gemäß dem Entwurf von Prof. Eisenman wurden ca. 100 ebenerdige Stelenplatten in das Profil der angrenzenden Gehwege integriert.
Die Namensgebung der beiden neu gebauten Straßen wurde vom Bezirksamt Mitte von Berlin bereits vor fünf Jahren beschlossen. Die Ehrung dieser beiden bedeutenden jüdischen Frauen, die von den Nationalsozialisten verfolgt bzw. ermordet wurden, korrespondiert in besonders eindringlicher Weise mit der Widmung des Denkmals.
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