Zu einem Zeitzeugengespräch mit der Holocaust-Überlebenden Tamar Dreifuss lud am Abend des 23. Mai 2019 die Stiftung Denkmal in die Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum ein.
Mehr als 130 Gäste waren gekommen und wurden von Dr. Anja Siegmund, Direktorin der Stiftung Neue Synagoge Berlin, begrüßt. Nach einem weiteren Grußwort S. E. Darius Jonas Semaška, Botschafter der Republik Litauen, führte Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal, historisch in das Thema des Abends ein und skizzierte kurz die Geschichte Litauens.
Anschließend sprach die Moderatorin Shelly Kupferberg mit der 81 jährigen Tamar Dreifuss über ihr Leben und über ihre mutige Mutter, Jetta Schapiro, die ihrer Tochter mehr als einmal das Leben gerettet hat. Das erste Mal, als sie die damals dreijährige Tamar bei einer katholischen Tante versteckte. Sie ließ ihr Kind mit den Worten: »Du heißt nicht mehr Tamar, du heißt jetzt Theresa!«, dort zurück. Später gelangte die Familie auf schwierigen Wegen in das Ghetto Wilna, wo Tamar ihren Vater Jascha zum letzten Mal sah. Jascha Schapiro wurde im KZ Stutthof ermordet. Sie selbst wurde mit ihrer Mutter in das Durchgangslager Tauroggen deportiert, wo ihnen – wie durch ein Wunder – die Flucht gelang: Nach einer angeordneten Gemeinschaftsdusche besorgte Jetta Schapiro für sich und Tamar saubere Kleidung und passierte mit ihrer Tochter an der Hand – so als seien sie nur Besucherinnen – den diensthabenden Wachmann des Lagers. Bis zur Befreiung Wilnas durch die Rote Armee am 13. Juli 1944 brachte die Mutter sich und Tamar – indem sie sich als Russinnen ausgaben – als Arbeiterin auf Bauernhöfen im Umland durch.
Tamar Dreifuss schloss ihre Erzählung mit den Worten: »Ich hatte so oft große Angst zu dieser Zeit. Aber meine Mutter stand immer über mir und hat mich beschützt.«
Der Abend wurde musikalisch vom Finckelstein Trio mit Geige und Saxophon umrahmt.