Am 26. Februar 2015, 19 Uhr, präsentierte Dr. Frank Reuter, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma e. V. Heidelberg, seine Untersuchung über »die fotografische Konstruktion des ›Zigeuners‹« im Ort der Information des Denkmals für die ermordeten Juden Europas.
Nach der Begrüßung durch Uwe Neumärker sprach der Historiker über die Frage, wodurch stereotype Fotografien in der Lage sind, ein scheinbar allgemeingültiges Bild des »Zigeuners« zu konstruieren. Der Fokus seiner Darstellung war auf die Annahme gerichtet, dass man bei der Betrachtung von »Zigeunerfotos« an ein kollektiv geteiltes, vermeintliches Wissen anknüpfe. Eine jahrhundertealte Ikonografie des »Fremden« mache den »Zigeuner« zur Projektionsfläche für Überlegenheitsfantasien und Angstbilder, aber auch für erotische und exotische Sehnsüchte. In diesem Zusammenhang wies Frank Reuter unter anderem darauf hin, dass die Menschen ihre eigenen Sehnsüchte nicht in ein vermeintlich geheimnisvolles und freiheitsliebendes Volk transportieren dürften. An exemplarischen Bildbeispielen zeigte der Historiker die Stigmatisierungsmuster, die bis heute wirksam sind. Einen Schwerpunkt bildete dabei die Fotografie während des Nationalsozialismus, die in der ethnologischen, kriminologischen und anthropologischen Fotografie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wurzelt. Seine Einführung unterlegte er mit anschaulichem Bildmaterial.
Im Anschluss folgte eine Podiumsdiskussion, an der sich Prof. Dr. Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Dr. Miriam Arani, Medienwissenschaftlerin, sowie Dr. Frank Reuter beteiligten. Moderiert wurde die Diskussion von Mariam Lau, DIE ZEIT.
Nach dem anregenden Podiumsgespräch stellten sich die Teilnehmer den zahlreichen Fragen des Publikums.