Im letzten Vierteljahr konnte das Team des Gedenkstättenportals 18 weitere Gedenkorte in die Webseite www.memorialmuseums.org integrieren, darunter Orte in Kroatien, Serbien, Litauen, Polen, der Ukraine, der Russischen Föderation und Deutschland. Zugegeben: Das mag zuerst wenig beeindruckend klingen, doch bedenkt man, wie schwierig sich zum Teil die wissenschaftliche Recherche gestalten kann, dass Texte redaktionell betreut, redigiert und schließlich ins Englische übersetzt werden müssen – dann wird deutlich wie viel Aufwand in den einzelnen Datensätzen steckt.Dass diese Arbeit wichtig ist, zeigen uns vor allem die stetig hohen Besucherzahlen und Zugriffszahlen auf die Inhalte des Portals: Monatlich informieren sich über 10.000 Menschen aus aller Welt über europäische Gedenkorte an den Holocaust. Diese Zahlen zeigen auch, dass es einen gewaltigen Informationsbedarf über die Orte der Verbrechen gibt. Für das Team ist das eine zusätzliche Motivation, um weitere wichtige, oft fast unbekannte Orte in die Datenbank aufzunehmen. Denn der Fokus für die Erweiterung des Portals liegt inzwischen eindeutig auf weitgehend unbekannten Denkmälern und Gedenkstätten im Osten Europas. Mit anderen Worten: vergessene Orte der Geschichte.
Über die Ereignisse und Verbrechen an diesen Orten aufzuklären, detaillierte historische Informationen zur Verfügung zu stellen, ist das Ziel des Gedenkstättenportals.
Historiker-Werkstatt
Jeden Tag denken wir über Verbesserungen und Änderungen an den Inhalten der Webseite nach: Manchmal müssen kleinere Korrekturen an den Texten umgesetzt werden, manch ein Text ist in der Zwischenzeit nicht mehr aktuell, weil eine Gedenkstätte beispielsweise eine neue Dauerausstellung erarbeitet hat, manchmal stehen uns auf einmal bessere Fotos zur Verfügung. Wie in einer Werkstatt müssen wir Historiker hier und da Schrauben nachziehen oder Teile auswechseln. So bringen wir die Einträge im Gedenkstättenportal nach Möglichkeit immer auf den neusten Stand.
Genau so wichtig wie die Pflege ist die inhaltliche Erweiterung des Gedenkstättenportals: Welche Orte spielen in der Erinnerungskultur eines Landes eine wichtige Rolle und welche Orte sind wichtig für ein besseres Verständnis des Holocaust? Anhand dieser Leitfragen wird das Portal nach und nach erweitert.
Ein solcher Anspruch kann nicht ohne Schwierigkeiten bleiben. Wie finde ich diese wichtigen, aber vergessenen Orte? Woher kann ich als Redakteur Informationen und Bildmaterial beziehen?
Beispiel: Kroatien
Mehrere tausend Denkmäler, den »Opfern des Faschismus« gewidmet, gibt es in Kroatien, die meisten davon noch aus der Zeit des sozialistischen Jugoslawien. Und gerade weil sie für viele Kroaten mit dem Sozialismus und dem unbeliebten Vielvölkerstaat verquickt sind, lehnen sie diese Gedenkorte ab. So geraten sie in Vergessenheit und mitunter auch die Geschichte, an die die Denkmäler ursprünglich erinnern wollten. Für ein Projekt wie das Gedenkstättenportal ist es deshalb unverzichtbar, mit »Insidern« ins Gespräch zu kommen: Menschen und Organisationen, die sich um Erinnerungsorte bemühen und versuchen, die Erinnerung an die Geschichte wach zu halten. »Documenta« ist eine solche Organisation in Kroatien. Die Nichtregierungsorganisation versteht sich als Zentrum zur Aufarbeitung der Vergangenheit, ihre Mitglieder organisieren Gedenkfeiern und Studienfahrten, sie produzieren Ausstellungen und Dokumentarfilme. Documenta und die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas stehen in einem regen Austausch miteinander. Mit ihren Partnern veranstaltet Documenta regelmäßig internationale Konferenzen. Eine dieser Fachtagungen hatte den Gedenkort im Dotrščinapark in Zagreb zum Thema, einen Ort, an dem Angehörige der faschistischen Ustascha zwischen 1941 und 1944 mehrere tausend Menschen hinrichteten. Als freier Mitarbeiter des Gedenkstättenportals nahm ich an dieser Konferenz teil und erhielt Informationen von Fachleuten, diskutierte mit Experten und konnte Fotos vom Gedenkort machen. Sie fanden anschließend ihren Weg ins Gedenkstättenportal.
Auf diese Weise werden wir das Gedenkstättenportal nach und nach erweitern. Wenn wir mit unserer Arbeit einen Beitrag dazu leisten können, Orte wie den Zagreber Dotrščinapark vor dem Vergessen zu bewahren – um so besser.