Der 1927 in Karlsruhe geborene Paul Niedermann überlebte den Holocaust in Südfrankreich. Durch die Hilfe des Kinderhilfswerks OSE konnte er mit seinem Bruder aus dem Lager Rivesaltes flüchten und sich in der Nähe von Montpellier in einem Kinderheim verstecken. 1987 trat er als Zeuge im Prozess gegen Klaus Barbie auf.
Im Oktober 1940 wurde der damals 12-Jährige mit seiner Familie zunächst in das südfranzösische Internierungslager Gurs und von dort weiter nach Rivesaltes deportiert. Nach der Flucht aus dem Lager versteckte er sich in einem Kinderheim in Palavas-les-Flots, das vom Kinderhilfswerk OSE geleitet wurde. Bis 1943 musste er mehrfach sein Versteck wechseln, bis er schließlich in die Schweiz flüchtete und dort das Kriegsende erlebte. Erst zu diesem Zeitpunkt erfuhr er, dass seine Eltern in Auschwitz und in Majdanek ermordet worden waren. Er zog nach Paris, wo er bis zum Zeitpunkt des Interviews lebte. 1983 meldete er sich nach der Verhaftung des ehemaligen Lyoner Gestapo-Chefs Klaus Barbie, um seine Hilfe bei der Vorbereitung des Prozesses anzubieten. Da er eines der »Kinder von Izieu« war, wurde er vor Gericht als Zeuge geladen. Seitdem besuchte er regelmäßig Schulen in Deutschland, Frankreich und in den USA, um seine Lebensgeschichte zu erzählen. Zum Zeitpunkt des Interviews war Paul Niedermann 83 Jahre alt.
Paul Niedermann (01121/sdje/0023), 14. Oktober 2010 (Berlin). Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Durchführung: Daniel Baranowski, Ruth Oelze und Kai Schulze. Bearbeitung: Agathe Jacquemin.