Die mehr als 200 Gäste wurden von I. E. Anne-Marie Descôtes, Botschafterin der Französischen Republik in Deutschland, und von Michael Roth MdB, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Beauftragter für die deutsch-französische Zusammenarbeit, begrüßt. Dann las der Schauspieler Florian Stetter eindrucksvoll aus den Lebenserinnerungen des Holocaustüberlebenden Raphaël Esrail, der extra aus Paris angereist war. Nach der Lesung sprach Raphaël Esrail zu den Gästen und beantwortete, moderiert von Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Fragen aus dem Publikum. Im Anschluss lud die Französische Botschaft zu einem Empfang ein, während dessen Raphaël Esrail für mehr als hundert Schüler und Pfadfinder seine Bücher signierte.
Gefördert wurden die Übersetzung und Publikation des Zeitzeugenberichts vom Auswärtigen Amt sowie von CIVS, Kommission für die Entschädigung der Opfer von Enteignungen aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung während der Okkupationszeit, die als Kooperationspartner am 11. Dezember in die Französische Botschaft einluden.
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Raphaël Esrail wird 1925 im türkischen Manisa geboren. Ein Jahr später zieht die Familie nach Lyon. Als Jugendlicher tritt er der Pfadfindergruppe »Éclaireurs Israélites de France« bei. Nach der deutschen Besetzung Frankreichs im Sommer 1940 betätigt er sich in der Widerstandsgruppe »la Sixième« als Dokumentenfälscher. Am 8. Januar 1944 wird er verhaftet und in das Durchgangslager Drancy verschleppt, wo er seine zukünftige Ehefrau Liliane kennenlernt. Am 3. Februar 1944 werden beide nach Auschwitz deportiert, wo sie als Zwangsarbeiter Kontakt zueinander halten. Nach der »Evakuierung« von Auschwitz durch die SS, einem Todesmarsch und weiteren Lageraufenthalten befreien amerikanische Truppen Raphaël am 1. Mai und die Rote Armee Liliane am 2. Mai 1945. Er kehrt nach Lyon zurück und heiratet 1948 Liliane. Beide sind über Jahre als Zeitzeugen aktiv.