In der Nacht vom 12. auf den 13. Februar 1940 müssen binnen weniger Stunden 1.127 pommersche Juden – davon 846 aus der Hafenstadt Stettin und unter anderem aus Stralsund, Greifswald, Anklam und Ueckermünde sowie von der Insel Rügen – ihre Wohnungen verlassen. Diese sollen für umgesiedelte Deutsche aus Wolhynien und dem Baltikum zur Verfügung stehen. Zudem verfolgt der Gauleiter der NSDAP von Pommern, Franz Schwede-Coburg (1888–1960), das Ziel, die von ihm regierte Provinz als reichsweit erste »judenrein« zu machen. Die Transporte verlassen Stettin vom Güterbahnhof in Richtung Generalgouvernement, wo die Verschleppten auf die Ghettos in Piaski, Bełżyce, Głusko und Bychawa verteilt werden. Dort leben sie mit Juden aus dem Lubliner Gebiet zusammen; nicht selten kommt es zu kulturellen und sprachlichen Spannungen. Bis 1942 sind alle übrigen Juden aus Stettin ausgewandert oder deportiert worden. Die meisten der aus Stettin deportierten Juden werden im Vernichtungslager Belzec ermordet.
Von den 1940 aus Pommern Deportierten überleben höchstens 19 den Holocaust. Seit 1999 erinnert eine Gedenktafel am Standort der während der »Kristallnacht« 1938 zerstörten Synagoge an der Grünen Schanze im seit 1945 polnischen Stettin auch an die verschleppten und ermordeten Juden aus Stettin.
Auftakt für systematische Verschleppung und Ermordung der deutschen Juden
»Die Deportation aus Pommern stellt den Auftakt für die systematische Verschleppung und Ermordung der deutschen Juden dar. Sie erfährt noch immer keine angemessene Würdigung in unserem kulturellen Gedächtnis, weil Stettin seit 1945 nicht mehr zu Deutschland gehört. Die pommerschen und schlesischen, die ostbrandenburgischen und ostpreußischen Juden waren die ersten deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen. Mit ihrer Deportation und Ermordung, wie auch mit der Flucht und Vertreibung der nichtjüdischen Bevölkerung 1944/45, wurde eine Jahrhunderte alte Kulturlandschaft unwiederbringlich zerstört, die jedoch Teil des kulturellen Erbes Deutschlands ist und bleiben muss«, so Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas.
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