Der ehemalige sowjetische Kriegsgefangene Lev Frankfurt brachte dies bereits vor einigen Jahren bei einer Gedenkveranstaltung in der Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne auf den Punkt: »Der Friede ist kostbar. Das Leben ist kostbar. Die Freiheit ist kostbar. Sie sind die Basis unserer Würde als Menschen. Gerade in schwierigen Zeiten gilt es, diese Einsicht zu schützen und zu bewahren.«
Den Überlebenden, die durch den aktuellen Krieg in der Ukraine erneut bedroht sind, gilt unsere besondere Aufmerksamkeit.
Ein breites Bündnis aus Erinnerungseinrichtungen unterstützt mit über 62.000 Euro Überlebende der NS–Verfolgung in der Ukraine und ruft zu weiteren Spenden auf.
Im »Hilfsnetzwerk für die Überlebenden der NS-Verfolgung in der Ukraine« haben sich mittlerweile 47 Gedenkstätten, Museen, Vereine und Initiativen zusammengeschlossen. Die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas ist Teil dieses Netzwerkes. Dieses noch nie dagewesene Bündnis konnte in den letzten drei Monaten über 300 Menschen auf unterschiedliche Weise helfen. Dafür wurden bislang 62.000 Euro Spendengelder eingesetzt. Zu den Hilfeempfängern gehören auch ehemalige sowjetische Kriegsgefangene.
Die Rote Armee trug maßgeblich dazu bei, dass die deutsche Wehrmacht am 8. Mai 1945 kapitulierte und der Zweite Weltkrieg in Europa endete. Über 5 Millionen Soldat*innen der sowjetischen Armee gerieten in deutsche Kriegsgefangenschaft. Für ihre Unterbringung und Versorgung war die deutsche Wehrmacht hauptverantwortlich. Die sowjetischen Kriegsgefangenen wurden unter anderem zur Zwangsarbeit eingesetzt und ausgebeutet. Zwischen 2,7 und 3,3 Millionen sowjetische Kriegsgefangene starben in Folge von Gewalt, Mangelernährung und fehlender medizinischer Versorgung in den deutschen Kriegsgefangenenlagern. Die Soldat*innen der Roten Armee stammten aus allen Gebieten der ehemaligen Sowjetunion wie etwa der Ukraine, Estland, Lettland, Litauen, Weißrussland (heute Belarus), Georgien oder Usbekistan und hingen unterschiedlichen Glaubensrichtungen an. Die hochbetagten Überlebenden sind heute allesamt über 90 Jahre alt und in vielen Fällen bettlägerig oder auf besondere pflegerische Unterstützung angewiesen.
Den Überlebenden, die durch den aktuellen Krieg in der Ukraine erneut bedroht sind, gilt unsere besondere Aufmerksamkeit. Das Hilfsnetzwerk sucht daher derzeit den direkten Kontakt zu den Überlebenden in der Ukraine in Form von Telefonanrufen aus Deutschland. So konnte beispielsweise mit einem ehemaligen Kriegsgefangenen und seiner über 70 jährigen Tochter gesprochen werden, die in einem Dorf im besetzten Gebiet Cherson leben. Für sie bedeutete der Anruf ein Funken Hoffnung, denn ihre Lebensmittelvorräte und Hygieneartikel sowie Medikamente waren größtenteils aufgebraucht. Dieser akuten Versorgungsnotlage wird durch Hilfspakete aus Kyiv begegnet, realisiert über Spenden durch das Hilfsnetzwerk und Partner*innen vor Ort. Svetlana Nejelscaia (stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Vereins KONTAKTE–KOHTAKTbI) führt für das Hilfsnetzwerk unter anderem diese Telefonate und betont: »Die Hilfe wird jetzt so dringend benötigt wie nie. Wir brauchen weiterhin ein großes bürgerschaftliches Engagement und sind auf Spenden angewiesen, um die Unterstützung vor Ort auch über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten zu können.«
Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS–Verfolgung in der Ukraine
Am 9. März 2022 hat sich das »Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS–Verfolgung in der Ukraine« auf Initiative des Berliner Vereins KONTAKTE–KOHTAKTbI gegründet. Das Hilfsnetzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, Überlebende der NS–Verfolgung in der Ukraine, ihre Familien sowie durch den Krieg betroffene Kolleg*innen aus der Ukraine mit Hilfe von Spenden unbürokratisch und effektiv zu unterstützen. Die Koordination des Netzwerkes wird freundlich unterstützt von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ).
Ragna Vogel – vogel@kontakte-kontakty.de – Tel. 01520 4756887
https://hilfsnetzwerk-nsverfolgte.de/
Spendenkonto bei der Berliner Volksbank:
Empfänger: Kontakte–Kontakty
IBAN: DE59 1009 0000 2888 9620 02
BIC: BEVODEBB
»Der Friede ist kostbar. Das Leben ist kostbar. Die Freiheit ist kostbar. Sie sind die Basis unserer Würde als Menschen. Gerade in schwierigen Zeiten gilt es, diese Einsicht zu schützen
und zu bewahren.«
Lev Frankfurt während seiner Rede (2015) auf dem Ehrenfriedhof sowjetischer Kriegstoter in Stukenbrock–Senne (Im Hintergrund sieht man den Obelisk). Anlass war der Besuch des damaligen Bundespräsidenten Gauck zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges. Er hat die Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne und den Ehrenfriedhof besucht. Fotograf: Besim Mazhiqi