Wir möchten Ihnen unsere erfolgreiche Arbeit der letzten vier Jahre im Rahmen des Projekts »Netzwerk Erinnerung« präsentieren – die wir unter den Bedingungen der COVID-19-Pandemie (2020/21) und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine (2022/23) geleistet haben.
Vor dem Hintergrund der russischen Aggression gegen die Ukraine und der Gefahren für die demokratische Weltordnung haben die Aufarbeitung der deutschen Besatzungsherrschaft während des Zweiten Weltkrieges und die Erinnerung an vergessene Opfer der nationalsozialistischen Völkermordes in der Ukraine an neuer Bedeutung gewonnen. Wir sind beeindruckt vom Engagement unserer lokalen Partner, die ihre Arbeit fortsetzen und versuchen, das Gedenken an den Holocaust in Schulprogramme und öffentliche Aktivitäten aufzunehmen.
Leider haben wir vom Auswärtigen Amt noch immer keine Informationen über eine weitere Finanzierung des Netzwerks erhalten. Wir hoffen aber sehr, dass die im Rahmen unseres Projekts entstandenen öffentlichen Initiativen auch in Zukunft eine fachliche Unterstützung und Ressourcen für ihren Austausch und ihre Weiterentwicklung erhalten werden. Das im Netzwerk angesammelte Potenzial ist außerordentlich groß und vielfältig.
Was haben wir gemeinsam mit unseren Partnern erreicht?
Arbeit an Gedenkstätten
- Pflege und Errichtung von 24 Gedenkstätten
Bis zum 24. Februar 2022 haben die lokalen Verwaltungsorgane die Pflege aller Gedenkstätten, die durch das Projekt errichtet und finanziert wurden, übernommen. Nach dem 24. Februar 2022 entstand erneut ein Pflegebedarf wegen des Finanzdefizits in den Kommunen.
- Dokumentation von Erinnerungslandschaften – LiDAR-Untersuchungen
- Errichtung von Informationstafeln zur lokalen Holocaust-Geschichte in Goloby, Sobolivka, Raihorod, Mizoch und Kysylyn
- Umgestaltung der Gedenkstätten in Sobolivka und Goloby, Kolodyanka und Kysylyn
- regelmäßige Gedenkzeremonien an den Projektstandorten
- Vorbereitung und Veröffentlichung der Empfehlungen zur Durchführung von Gedenkveranstaltungen Wege der Erinnerung (Auflage 500 Stück, vollständig verteilt)
Arbeit mit Gemeinden und Initiativen
- Tiefinterviews und Erstellung eines Berichts über Signifikanz des Projekts »Erinnerung bewahren« (2016–2019) zusammen mit der Psychologin Marina Chernivsky
- Aufbau des Netzwerks von 40 Initiativen aus der gesamten Ukraine
- Zusammenarbeit mit 23 Mentoren und Experten für Erinnerungskultur, Kultur- und Projektmanagement
- 310 Veranstaltungen und lokalen Projekte zur Erinnerungsarbeit und der Bewahrung lokalen Kulturerbes
- Zusammenarbeit mit lokalen Museen: Aktualisierung der Ausstellungen
- Wanderausstellung über das Projekt, die in 24 Gemeinden der Ukraine präsentiert wurde
- psychologische Unterstützung der Projektpartner, sowohl individuell als auch kollektiv
- regelmäßige moderierte Online-Treffen des Netzwerks, Online-Expertentreffen und Diskussionen über den Stand der Forschung, insgesamt ca. 190 Stunden
- »Docudays UA«: Vorführungen von Filmen in 18 Gemeinden der Ukraine und anschließende Diskussionen
- 11 neue aktive Dokumentarfilm-Clubs in kleineren Gemeinden der Ukraine
Partnerschaften
- Projekt: Diskurse des Krieges. Analyse des öffentlichen Diskurses über Ereignisse des Zweiten Weltkriegs im Kontext der russischen Großinvasion (Sammlung mehrerer Zehntausenden von Quellen, Erstellung eines Berichtes mit quantitativer und qualitativer Interpretation der ausgewählten Quellen)
- Hilfsnetzwerk: finanzielle Unterstützung von Überlebenden der NS-Verfolgung in der Ukraine
- Ukrainian Hour Berlin 2023: Mitorganisation und Beteiligung an 6 von 10 Online-Treffen mit ukrainischen Experten und Mitgliedern des Netzwerks zum Thema Erinnerungskultur
- 5 neue Filme zum Thema Holocaust für die Dokumentarfilmsammlung Docudays UA und Erstellung von Skripten für moderierte Diskussionen zu diesen Filmen
Digitale Bewahrung und Dokumentation von Geschichte und Erinnerungslandschaften
- Aufbau eines Online-OMEKA-Archivs mit Informationen über den Holocaust an 9 Projektstandorten
- Kooperation mit der Universität Osnabrück zu Potenzialen der Bearbeitung von historischen Luftbildern
- Räume des Gedenkens: Im Rahmen dieses Projektes wurden lokale Gedenkstätten des Zweiten Weltkrieges in 9 Gemeinden fotografisch dokumentiert (in 120 Siedlungen vor allem in ländlichen Gebieten)
Historische Arbeit und Publikationen
- 9 historische Online-Publikationen über die lokale Holocaust-Geschichte
- Veröffentlichung einer Primärquelle, zum ersten Mal in zwei Sprachen (englisch und ukrainisch): Jack Glotzer. I Survived the Holocaust Against All Odds (1000 Exemplare/750 verteilt). Neuausgabe des für die Mittelschule angepassten Buches (ukrainisch) Die Tochter, die wir uns immer gewünscht haben: Die Geschichte von Marta (2000 Exemplare/970 verteilt). Neuausgabe der methodischen Sammlung von Primärquellen (ukrainisch) From the First Person: The history of the Holocaust in the Eyewitnesses Testimonies (500 Exemplare/440 verteilt).
- Es wurde eine ukrainisch-belarussische Fassung des Kataloges der Ausstellung Massenerschießungen. Der Holocaust zwischen Ostsee und Schwarzem Meer 1941–1944 erstellt, veröffentlicht und an Forscher und Bibliotheken verteilt (2000 Exemplare/720 verteilt).
Aufzeichnung von Interviews mit Zeitzeugen und Oral-History (Podcasts und Drehbücher)
- After Silence: 37 Interviews mit Holocaust-Zeitzeugen
- After Silence: Dokumentarfilm Wortlos und ein pädagogisches Drehbuch für die Besprechung des Filmes
In 12 Gemeinden des Projektes »Netzwerk Erinnerung« und in mehr als 20 Gemeinden außerhalb des Projektes wurden öffentliche Vorführungen organisiert. Der Film steht für Vorführungen in 401 Dokumentarfilm-Clubs des Netzwerkes »Docudays UA« zur Verfügung.
- After Silence: Podcast How we survived Teil 2, in dem verschiedene Erfahrungen der Zivilbevölkerung der besetzten ukrainischen Gebiete im Zweiten Weltkrieg dargestellt werden. Publiziert auf vielen öffentlichen Plattformen.
- Erstellung methodischer Drehbücher für Schulen auf Grundlage des Podcasts How we survived Teil 2 – 7 Drehbücher für 8 Episoden, die mit Schülerinnen und Schülern getestet und an Initiativen zu weiterer Erprobung weitergeleitet wurden. Die Pilotphase findet im Januar 2024 statt.
- Podcast der Initiative Hulyaipole: Zwei Jahrhunderte Geschichte. Gespräche über den Krieg und den Wiederaufbau von Hulyaipole.
Weitere Informationen zu unserem Projekt finden Sie auf unserer Webseite: https://netzwerk-erinnerung.de/
AUSGEZEICHNET
John Pollicks Film »Beyond Babi Yar« ist der Gewinner in der Kategorie »Best Short Human Rights«, des Montreal Independent Film Festivals, Winter 2024.
Die Aufnahmen und Interviews in diesem Film entstanden im September 2019 in der Ukraine – in Zusammenarbeit mit »Netzwerk Erinnerung«.
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnern
Vitalii Bobrov
Seit Januar 2020 ist Vitalii Bobrov einer der lokalen Koordinatoren des Projekts »Netzwerk Erinnerung« mit Schwerpunkt auf Bildung und Gedenken. Von 2011 bis 2019 war er der Koordinator für die Bildungsarbeit im Projekt »Erinnerung bewahren«. »Für mich ist dieses Projekt eine Gelegenheit, viele Menschen vor Ort zu unterstützen, Bedingungen für Vernetzung und Zusammenarbeit zu schaffen und dafür zu sorgen, dass der Wert der Arbeit zum Gedenken an die Opfer des Holocaust anerkannt wird.«
Dr. Svetlana Burmistr
Svetlana Burmistr, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt »Netzwerk Erinnerung«, ist für die historische Forschung, die Zusammenarbeit mit der Universität Osnabrück, die Finanzplanung und die Berichterstattung an das Auswärtige Amt zuständig. »Das Projekt und die Zusammenarbeit mit ukrainischen und internationalen Partnern inspiriert, motiviert und regt mich zum Nachdenken über wichtige Fragen der Erinnerung und der Bewältigung von Kriegserfahrungen an.«
Aleksandra Wróblewska
Aleksandra Wróblewska, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt »Netzwerk Erinnerung«, ist für die konzeptionelle Entwicklung des Projekts, die Projektanpassung, den Kontakt zu Partnern und Initiativen sowie für Fragen zum Schutz der Gedenkorte zuständig. »Die Kennzeichnung von Orten, die mit dem gewaltsamen Tod ganzer Gemeinden verbunden sind, ist eine Voraussetzung dafür, dass die Geschichte des Holocaust und des Roma-Völkermords in die kollektive Geschichte der Ukraine integriert wird. ›Netzwerk Erinnerung‹ unterstützt die Entwicklung von lokalen Grassroot-Initiativen – ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg.«
Mariya Goncharenko-Schubert
Mariya Goncharenko-Schubert ist für die Finanzverwaltung des Projekts zuständig und unterstützt bei der Vorbereitung von Publikationen, der Aktualisierung der Webseite und der sprachlichen Bearbeitung von Texten. Sie befindet sich von September 2022 bis November 2023 in Elternzeit. »Das Projekt bedeutet für mich den Erhalt des jüdischen kulturellen Erbes der Ukraine und die Bewahrung der Erinnerung an jüdische Nachbarn.«
Taras Grytsiuk
Seit Januar 2021 ist Taras Grytsiuk einer der lokalen Koordinatoren des Projekts »Netzwerk Erinnerung« mit Schwerpunkt auf Mentoring und Community Development. »Im Rahmen des Projekts versuche ich, ein Netzwerk von Partnerschaften aufzubauen, die Kapazitäten lokaler Gruppen in kleinen ukrainischen Gemeinden zu stärken und Fachleute, die die Geschichte des Holocaust in der Ukraine erforschen, mit Praktikern im Bereich Erinnerung und Public History zusammenzubringen. Beim ›Netzwerk Erinnerung‹ geht es in erster Linie um Möglichkeiten der gesellschaftlichen Veränderung und der Zusammenarbeit.«
Dr. des. Tatiana Manykina
Tatiana Manykina ist für die finanzielle Administration des Projekts und die Zusammenarbeit mit dem Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine zuständig. »Während meiner Arbeit im Projekt sehe ich, wie sich das Netzwerk der Teilnehmer ständig weiterentwickelt, wie viel Arbeit geleistet wird, um die Erinnerung zu bewahren, und Teil dieses Teams zu sein, gibt mir in diesen Tagen Halt.«