In diesem Jahr, 2022, hat Schweden den Vorsitz der IHRA* inne. Vom 20. bis zum 23. Juni fand in Stockholm – zum ersten Mal seit Ausbruch der Pandemie wieder in Präsenz – das erste Plenartreffen des Jahres statt.
Unter dem Motto »Together for impact« trafen sich mehr als 200 Experten, politische Vertreter und Repräsentanten internationaler Organisationen und der Zivilgesellschaft vier Tage lang in Stockholm, um Bildung, Gedenken und Forschung zum Holocaust und zum Völkermord an den Roma voranzutreiben.
Die deutsche Delegation reiste unter Leitung von Botschafterin Michaela Küchler an, der Sonderbeauftragten für Beziehungen zu jüdischen Organisationen, Holocaust-Erinnerung, Antisemitismus-Bekämpfung und internationale Angelegenheiten der Sinti und Roma im Auswärtigen Amt. Sie wurde unter anderem von Adam Kerpel-Fronius, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Denkmal, begleitet, der innerhalb der IHRA in der Arbeitsgruppe »Museen und Gedenkstätten« aktiv ist.
Das alles beherrschende Thema der Konferenz war in diesem Jahr der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Auswirkungen auf die Erinnerung an den Holocaust in der Ukraine. Die Konferenz widmete dem Thema große Aufmerksamkeit. In den Diskussionsrunden ging es daher vor allem darum, Wege zu finden, wie die internationale Gemeinschaft die authentischen Orte des Holocaust, die historischen Archive, die Mitarbeiter/-innen der Gedenkstätten und die Überlebenden des Holocaust in der Ukraine aktiv schützen kann. Es wurde auch darüber beraten, wie man der russischen Kriegspropaganda und deren Verzerrung der Erinnerung an den Holocaust (Stichwort »Holocaust distortion«) gemeinsam wirksam entgegentreten kann.
So betonte der IHRA-Ehrenvorsitzende Professor Yehuda Bauer, wie wichtig es sei, dass alle IHRA-Mitgliedsländer deutlich ihre Unterstützung für die Ukraine zeigen. Er unterstrich: »Die IHRA hat eine wichtige Stimme, die Stimme von 35 Ländern. Wir sollten sagen, was wir denken, und wir müssen die Welt darüber informieren, dass wir hinter den ukrainischen Bemühungen stehen, sich der nicht provozierten Aggression einer Großmacht zu widersetzen«.
*IHRA
Die International Holocaust Remembrance Association (IHRA) wurde 1998 in Stockholm gegründet, um die Erforschung und Aufklärung über den Holocaust weltweit zu fördern und Antisemitismus weltweit zu bekämpfen. Ihr gehören zurzeit 35 Mitgliedsländer, 9 Länder mit Beobachterstatus und 8 ständige internationale Partner an.
Die IHRA ist ein Zusammenschluss von Regierungen und Experten, um die Holocaust-Erziehung, -Erinnerung und -Forschung weltweit zu stärken, voranzutreiben und zu fördern. Sie ist ein internationales Netzwerk aus Diplomat/-innen, Historiker/-innen, Kurator/-innen sowie Bildungsexpert/-innen. Das konkrete Ziel der IHRA ist es, gemeinsame Arbeitsdefinitionen und Bildungsstandards zu entwickeln, sowie neue Gedenkorte und die Überarbeitung von älteren Dauerausstellungen umzusetzen. In den letzten Jahren beschäftigt sich die IHRA zudem verstärkt mit der Erinnerung an die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma und der Bekämpfung von Antiziganismus. Die Konferenz trägt zum intensiven Austausch von Fachleuten aus aller Welt bei und stößt internationale Projekte an.