Zsuzsa Oláh (*1940) hat als vierjähriges Kind einer jüdischen Familie die Belagerung von Budapest und den antijüdischen Terror von 1944/45 überlebt. Wie sie selbst sagt, hat sie bereits als kleines Kind alles gelernt, was man über das Leben und den Tod wissen muss. Einmal hat sie sich mit ihrem Cousin Gyuri stundenlang unter einer Bettdecke versteckt, während ungarische Pfeilkreuzler eine Razzia in der Wohnung abhielten, und anschließend mehrere jüdische Frauen und Männer aus dem Haus führten, um sie am Ufer der Donau zu ermorden.
Siebzig Jahre später, während eines großangelegten Erinnerungsprojekts in Budapest anlässlich des 70. Jahrestages der deutschen Besatzung und des Beginns des Holocaust in Ungarn erschien ein Artikel mit ihrer Geschichte, was ihrer Tochter, der Filmemacherin Kata Oláh (*1966) den Anlass gab, die Familiengeschichte aufzuarbeiten. Herausgekommen ist ein sehr rührender Dokumentarfilm mit dem Titel »Beágyazott emlékeink« (deutsch etwa: »Unsere eingebetteten Erinnerungen«, englischer Titel: »Mother’s Imprint«). Im Film geht es um Spurensuche, um Reden und Verschweigen, um das Treffen mit ehemaligen Nachbarn, das Leben in einem kreativen Milieu unter den Bedingungen der kommunistischen Diktatur und um die Kommunikation innerhalb der Familie über drei-vier Generationen hinweg.
Das Collegium Hungaricum Berlin nahm den ungarischen Holocaust-Gedenktag (16. April) zum Anlass, den Film in Kooperation mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas zu zeigen. Das anschließende Gespräch mit Zsuzsa und Kata Oláh moderierte Adam Kerpel-Fronius von der Stiftung. In der teils heiteren, teils aber auch sehr ernsten Diskussion ging es unter anderem um Zsuzsas Leben in der Nachkriegszeit (»Ich hätte 1956 emigrieren können, war aber noch zu jung, danach haben wir im Kriese unsere Familie und unserer Freunde ein sehr schönes und erfülltes Leben gehabt, der Kontakt zu den Verwandten im Ausland riss nie ab«), um den Stand der Aufarbeitung des Holocaust in Ungarn (»Die Welle von 2014 war wichtig, sie ist aber auch größtenteils verpufft, es sind immer wieder kleine Gruppen, die sich des Themas annehmen«) und darum, wie die Erinnerungen an 1944/45 angesichts der Bilder aus dem Krieg in der Ukraine wieder mit voller Wucht an die Oberfläche kommen: »Es ist furchtbar, zu wissen, dass Hunderttausende Kinder mit solchen Erinnerungen werden leben müssen, wie ich.«