Geboren am 11. April 1920 im westpreußischen Flatow, verlebte Arnold Julius eine unbeschwerte Zeit im Kreis seiner Eltern und Geschwister. Als Sohn eines Synagogenbeamten der Jüdischen Gemeinde Flatow war die Familie in der Kleinstadt bestens integriert. Doch das Jahr 1933 änderte alles. Niemand wollte Arnold nach seinem Volksschulabschluss eine Lehre anbieten. Deshalb ging er als 14-jähriger 1934 allein in die Großstadt Berlin, wo er im Jüdischen Lehrlingsheim in Pankow lebte. Er absolvierte eine Lehre als Lederzuschneider in einer Pankower Schuhfabrik.
»Dann jing ick mit meen Ritterkreuz aufa Brust und sach, Herr Wachtmeester, ick hab meene Kennkarte verloren«, das war die Stimme von Arnold Julius, wenn er in unvergleichlichem Berliner Tonfall über die schlimmste Zeit seines Lebens sprach. Ausgrenzung, Terror, Verfolgung und Zwangsarbeit prägten sein Leben, zunächst in Berlin. 1943 folgte Auschwitz. Zwei Jahre lebte Arnold in dieser Hölle, über die er fast sein gesamtes Leben kein Wort verlor. Erst vor wenigen Jahren brach er sein Schweigen. Fragmente, wenige Geschichten deuten an, was Arnold Julius erlitten und überlebt hat.
Niemand aus Arnolds Familie hat die nationalsozialistische Vernichtung überlebt. Er kehrte nach Berlin zurück: »Wo sollt ick denn sonst hin, ick kannte doch sonst nuscht.« Als Filialleiter eines Schuhladens arbeitete er bis zu seiner Pensionierung in Berlin-Neukölln. Seine schlichte von Herzenswärme geprägte Art ließ ihn still und unauffällig in diesem belasteten Land leben.
Als leidenschaftlicher Fußballfan galt seine Treue der Berliner Hertha. Sein Humor, seine typische Berliner ›Schnauze‹, seine Freude am Leben waren ein Geschenk für alle, die mit ihm zusammen sein durften.
Arnold Julius starb am 19. Juni 2012 im Kreise seiner Familie. Er wurde 92 Jahre alt. Unser Mitgefühl gilt Arnolds Frau Edith, seiner Tochter Martina und Enkelin Franziska.
Die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas trauert gemeinsam mit vielen Freunden um einen stillen Helden und wunderbaren Menschen.
Andreas Kossert und Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas