Vom 9. Dezember 2009 bis 28. Februar 2010 wird im Historischen Museum Hannover die Wanderausstellung »Was damals Recht war – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht« zu sehen sein. Die Ausstellung zeigt, wie Unrecht und Willkür den Alltag der Wehrmachtjustiz kennzeichneten und tausende Männer und Frauen, Soldaten und Zivilisten, der Unrechtsjustiz zum Opfer fielen und als Deserteure, so genannte Wehrkraftzersetzer oder Volksschädlinge ihr Leben verloren.
Mit Ablehnung und Feindschaft begegnete die Mehrzahl der Deutschen nach 1945 den überlebenden Opfern der Wehrmachtjustiz. Vielen gelten die Verurteilten bis heute als Verräter oder Feiglinge. Dabei hat der Deutsche Bundestag erst kürzlich, im September dieses Jahres, die letzten groben Unrechtsurteile der Wehrmachtjustiz des Zweiten Weltkrieges aufgehoben. Zu den zehntausenden Opfern dieser Justiz zählen auch Widerstandskämpfer aus nahezu ganz Europa, die in ihren von der Wehrmacht besetzten Heimatländern oder in Deutschland inhaftiert, vor Gericht gestellt und in großer Zahl exekutiert worden sind.
Hannover und der historische Bezug zur Wanderausstellung
Erstmals in der bundesweit seit zwei Jahren gezeigten Ausstellung werden dabei eigens für eine Stadt recherchierte Fallgeschichten präsentiert. Zehn Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Sophienschule in Hannover haben in über einjähriger Projektarbeit die Schicksale zweier Soldaten rekonstruiert. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und das Niedersächsische Kultusministerium haben das Projekt unterstützt. Die Schüler sahen dabei selbst Akten im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg ein und besuchten für weitere Recherchen die Gedenkstätte ROTER OCHSE in Halle/Saale.
Beide Fallgeschichten haben einen Bezug zu Hannover: Felix Buchardt wurde hier geboren und wuchs in der Altstadt auf. Etwa ein Jahr nach seiner Einberufung zur Kriegsmarine erhob ein Marinegericht Anklage gegen Buchardt; der Grund waren zwei kleinere Diebstähle an Bord eines Kriegsschiffes. Er wurde zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. 1944 floh Buchardt aus einer Strafeinheit und wurde im Februar 1945 wegen Desertion in Wien hingerichtet.
Antonius Biesterfeld kam in Breda/Niederlande zur Welt, hatte einen deutschen Vater und musste deshalb seit 1942 ebenfalls bei der Kriegsmarine Dienst tun. Nachdem ihn seine Kameraden eines Diebstahls verdächtigten, ihn anschließend schikanierten und wohl auch misshandelten, entschloss er sich im Sommer 1944, seine Einheit zu verlassen. Zuvor hatte er noch vergeblich um Versetzung an die Front nachgesucht. Biesterfeld wurde nur wenig später gefasst, in Bordeaux zum Tode verurteilt, nach Hannover verbracht und dort erschossen. Todesort war das Kasernengelände der Emmich-Cambrai-Kaserne in Vahrenheide.
Da über beide Soldaten – wie über die meisten von Wehrmachtgerichten Verurteilten – keine persönlichen Unterlagen vorhanden sind, waren die Schüler fast ausschließlich auf Dokumente und Fotos aus den Kriegsgerichtsakten angewiesen. Die Fallgeschichten zeigen ein Stück Regionalgeschichte, das bisher nur wenigen bekannt war. In Hannover wurden mindestens 21 Todesurteile gegen Wehrmachtssoldaten vollstreckt. Wie viele Hannoveraner von Gerichten der Wehrmacht zum Tode verurteilt wurden, ist erst ansatzweise erforscht.
Kooperationen und Unterstützungen
Konzipiert wurde die Ausstellung von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin, unterstützt von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt – Gedenkstätte ROTER OCHSE Halle (Saale), der Bundeszentrale für politische Bildung und der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V. Der offiziellen Ausstellungseröffnung am 8. Dezember im Historischen Museum Hannover (19 Uhr) folgen zahlreiche Begleitveranstaltungen.
Mehr Informationen zur Ausstellung und zum Begleitprogramm unter:
www.stiftung-denkmal.de/projekte/ausstellungen/wasdamalsrechtwar
Ausstellungsort: Historisches Museum Hannover, Pferdestaße 6, 30159 Hannover
Ausstellungsdauer: 9. Dezember 2009 bis 28. Februar 2010
Pressekonferenz: 7. Dezember 2009, 11 Uhr, Historisches Museum Hannover
Eröffnung der Ausstellung: 8. Dezember 2009, 19 Uhr, Historisches Museum Hannover
Öffnungszeiten in Hannover
Di 10-19 Uhr, Mi-Fr 10-17, Sa-So, feiertags 10-18 Uhr, montags, 24., 25., 31. Dezember geschlossen, 01. Januar 2010 13-18 Uhr
Eintritt
Kinder bis 5 Jahre freier Eintritt; Kinder bis 12 Jahre und Schulklassen 1,- Euro; Erwachsene 5,- / 4,- Euro; freitags frei
Besucherservice, Buchung von Führungen
Tel.: +49 (0)511 – 168 43986
E-Mail: janwillem.huntebrinker@hannover-stadt.de