Symbolträchtig beschloss der Bundestag am 27. Januar für die in der NS-Zeit Zwangssterilisierten und Euthanasie-Geschädigten eine monatliche Rente von 291 Euro. Dass nach ihrer jahrzehntelangen Diskriminierung nun eine Annäherung an die Leistungen für die nach dem BEG (Bundesentschädigungsgesetz) Entschädigten geschehen sollte, hat diese Opfergruppe hoffen lassen.
Am 1.4.2011 wurde eine AKG-Härterichtlinienänderung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Zwangssterilisierten erhalten zwischenzeitlich ihre erhöhte monatliche Entschädigungsleistung. Doch bei den Euthanasie-Geschädigten, zum Beispiel den Kindern der durch die Euthanasie ermordeten Eltern, erfolgt jetzt eine erneute Ausgrenzung durch das Ministerium, bzw. durch die ausführende Behörde. Sie verweigert Euthanasie-Geschädigten die Zahlung der beschlossenen laufenden Leistung. Nur Überlebende der Mordaktionen – das mögen höchsten noch fünf bis zehn Menschen sein – haben laut Ministerium und ausführender Behörde einen monatliche Leistungsanspruch. Obwohl es in den Richtlinien bezüglich der Kinder grundsätzlich heißt, Voraussetzung für eine Leistung sei ihre Schädigung durch Euthanasie-Verbrechen, werden sie in der aktuellen Härterichtlinie nicht als Euthanasie-Geschädigte anerkannt. Den hoch betagten Antragstellern schickte man mehrseitige Formulare, in denen sie ihre finanziellen Verhältnisse offen legen mussten, um dann zu erfahren, dass sie keine Rente erhalten.
Diese Handhabung ist eine Verunsicherung und Beleidigung der Opfer und eine erneute Diskriminierung der Kinder der Ermordeten. Von den weit über tausend Mitglieder zählenden Opfern unseres Bundes der Euthanasie-Geschädigten und Zwangssterilisierten, lebt noch ein Opfer, das die Mordaktion lebend überstanden hat! Von den hoch traumatisierten Kindern der Ermordeten (der ca. 300 000 Euthanasie-Opfer) weist die Statistik des BMF bis zum Jahr 2005 nur 269 jemals gestellte Anträge aus.
Warum werden Regelungen und Richtlinienänderungen an symbolträchtigen Gedenktagen im Parlament beschlossen, wenn das Ministerium und die ausführende Behörde sie nicht im Sinne der Opfer umsetzen? Ein solches Verhalten ist keine Würdigung der Opfer, sondern ein politischer Schandfleck. Wir erwarten, dass die angekündigten Zahlungen an alle Euthanasie-Geschädigten erfolgen.
Margret Hamm
Für die Arbeitsgemeinschaft Bund der Euthanasie-Geschädigten und Zwangssterilisierten
Pressekontakt:
Margret Hamm
AG Bund der Euthanasie-Geschädigten und Zwangssterilisierten
c/o Verein Gegen Vergessen – Für Demokratie e. V.
Stauffenbergstraße 13-14
10785 Berlin
Telefon (030) 26 39 78 3
Telefax (030) 26 39 78 40
E-Mail: bez@ag-bez.de
Internet: www.ag-bez.de