Vom 15. Mai bis 29. Juni 2008 wird im Stadtmuseum Halle die Wanderausstellung »Was damals Recht war – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht« zu sehen sein. Die Stadt Halle, so die Initiatoren, ist nach Berlin, Köln, Wilhelmshaven und München nicht nur die erste Station der Ausstellung in den neuen Bundesländern, sondern auch ein historischer Ort: Fast 300 von insgesamt 22.0000 Todesurteilen, von denen einige in der Ausstellung u. a. anhand einzelner Fallbeispiele dokumentiert werden, sind in den Jahren 1943 bis 1945 allein im Zuchthaus Halle und in der Dölauer Heide durch Enthaupten, Erhängen und Erschießen vollstreckt worden. Am Zustandekommen der bundesweiten Ausstellung ist auch die Gedenkstätte ROTER OCHSE beteiligt. Sie hat eigene Beiträge und wissenschaftliche Materialien zur Verfügung gestellt, die Ausstellungsbesuchern in Halle einen unverstellten Blick auf die Geschehnisse in ihrer Stadt ermöglichen.
Zu den Materialien zählen zum Beispiel Dokumente und Fotos von Krystyna Wituska (1920–1944) und Theodore Gerhards (1900–1943). Beide wurden vom Reichskriegsgericht wegen angeblicher Feinbegünstigung und Spionage zum Tode verurteilt und im Zuchthaus Halle hingerichtet. Viele der dort Getöteten fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem Gertraudenfriedhof der Stadt – oft gelangten die Körper jedoch zuvor in Lehr- und Forschungseinrichtungen der Universität Halle, das Anatomische Institut, das Institut für gerichtliche Medizin und Kriminalistik und das Zoologische Institut. Auch lebte einer der ranghöchsten Militärjuristen, Senatspräsident am Reichskriegsgericht Werner Lueben (1894–1944), in Halle. Der Richter im Generalsrang, der 1944 im Verlaufe eines Verfahrens gegen drei katholische Geistliche Selbstmord beging, ist hier beerdigt.
Die Ausstellung zeigt, wie Unrecht und Willkür den NS-Militärjustiz-Alltag kennzeichneten und tausende Männer und Frauen, nicht nur Soldaten, sondern auch Zivilisten, der Unrechtsjustiz zum Opfer fielen und als Deserteure, sogenannte Wehrkraftzersetzer oder Volksschädlinge ihr Leben verloren. Mit Ablehnung und Feindschaft begegnete die Mehrzahl der Deutschen nach 1945 den überlebenden Opfern der Wehrmachtjustiz. Vielen gelten die Verurteilten bis heute als Verräter oder Feiglinge. Dabei hat der Deutsche Bundestag im Mai 2002 die meisten Urteile der Wehrmachtjustiz des Zweiten Weltkrieges aufgehoben. Zu den zehntausenden Opfern dieser Justiz zählen auch Widerstandskämpfer aus nahezu ganz Europa, die in ihren von der Wehrmacht besetzten Heimatländern oder in Deutschland inhaftiert, vor Gericht gestellt und in großer Zahl exekutiert worden sind.
Konzipiert wurde die Ausstellung von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin, unterstützt von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt – Gedenkstätte ROTER OCHSE Halle (Saale), der Bundeszentrale für politische Bildung und der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V. Der offiziellen Ausstellungseröffnung am 15. Mai 2008 im Stadtmuseum Halle (15 Uhr) folgen zahlreiche Begleitveranstaltungen. Dazu gehört auch eine Filmdokumentation mit dem Titel »Gnadenlose Militärjustiz« mit den ZDF-Autoren Karsten Deventer und Wolfgang Kramer sowie den Zeitzeugen Horst Schluckner und Karl-Heinz Schommler.
Ausstellungsort: Stadtmuseum Halle, Christian-Wolff-Haus, Große Märkerstraße 10, 06108 Halle
Ausstellungsdauer: 15. Mai bis 29. Juni 2008
Eröffnung der Ausstellung: 15. Mai 2008, 15 Uhr
Öffnungszeiten in Halle
Di bis So von 10 bis 17 Uhr
Der Eintritt ist frei.
Besucherservice, Buchung von Führungen
Tel.: +49 (0)345 – 221 30 30 / – 41
E-Mail: stadtmuseum [at] halle.de
Kontakt
Gedenkstätte ROTER OCHSE Halle (Saale)
Tel.: 0345 – 220 1331 / -37
E-Mail: Michael.Viebig [at] stgs.sachsen-anhalt.de