Bericht vom 21. Oktober 2022
Einer unserer Kooperationspartner:innen in der Ukraine ist die Romn:ja Jugendorganisation ARCA: Youth Organization for the Advocacy of Roma Culture. ARCA setzt sich für die politische und gesellschaftliche Beteiligung von jungen Romn:ja in der Ukraine ein. Sie arbeiten außerdem für das Gedenken und Erinnern an den den Genozid an den Rom:nja im Nationalsozialismus und unterstützen derzeit viele Überlebende in der Ukraine. Der Vorsitzende Vova Yakovenko hat sich die Zeit genommen, uns über ihre Arbeit, die Herausforderungen und die Situation vor Ort zu berichten.
»Unsere Organisation ist eine Jugend-Roma-Organisation. Wir versuchen, die Roma-Jugend in alle gesellschaftspolitischen Prozesse der ukrainischen Gesellschaft einzubeziehen und die Roma dadurch zu integrieren. Wir arbeiten mit verschiedenen Themen wie nicht-formale Bildung, Menschenrechte, Kunst und auch mit dem Thema des Genozids an den Roma während des Zweiten Weltkriegs!«
»Nach dem 24. Februar, als die Feindseligkeiten begannen, wurde uns klar, dass viele Menschen Hilfe brauchen, weil auf den Krieg eine humanitäre Katastrophe folgt und die Menschen Medikamente, Lebensmittel, Unterkünfte usw. brauchen werden. Deshalb haben wir begonnen, den Menschen so gut wie möglich zu helfen. Jetzt versuchen wir, zu unserer Haupttätigkeit zurückzukehren, aber gleichzeitig helfen wir den am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen, unabhängig davon, ob es sich um Roma oder Nicht-Roma handelt.
In der Mitte des Sommers beobachteten wir eine Situation, in der Flüchtlinge massenhaft in die Ukraine zurückkehrten. Dies geschieht aus verschiedenen Gründen: Jemand beschloss, zu seinen Verwandten zurückzukehren, jemandes Siedlung wurde geräumt, jemand erlag der Diskriminierung und fand kein Asyl in Europa und beschloss, zurückzukehren. Aber an vielen Orten, an denen wir zu Auftritten eingeladen wurden, wiederholten wir wie ein Mantra die Befürchtung, dass mit dem Herannahen des kalten Wetters eine neue Welle von Flüchtlingen aus der Ukraine auf uns zukommen wird und Europa darauf vorbereitet sein sollte. Diese Flüchtlinge werden nicht nur vor dem Krieg, sondern auch vor der Kälte fliehen, da die Infrastruktur in vielen Siedlungen zerstört ist.
So droht in meiner Stadt Krementschug nach dem Raketenbeschuss, dass die Hälfte der Stadt ohne beheizbare Wohnungen dasteht, da die Heizungsanlage zerstört wurde. Die örtlichen Behörden versuchten, sie wiederherzustellen, aber ein erneuter Raketenangriff wurde durchgeführt, und alles, was wiederhergestellt wurde, wurde erneut zerstört. Ein solches Bild ist auch in anderen Städten zu beobachten, insbesondere nach dem 10. Oktober, als fast einen Tag lang alle großen Siedlungen (die weit von der Frontlinie entfernt sind) den Raketenangriffen zum Opfer fielen und wichtige Infrastrukturen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Jetzt sind wir gezwungen, Strom zu sparen.
Jetzt versuchen wir, Menschen zu helfen, die die Schrecken des Zweiten Weltkriegs überlebt haben. Alle diese Menschen sind im fortgeschrittenen Alter, einige von ihnen mussten evakuiert werden, einige haben ihre Häuser verloren, aber die meisten von ihnen bleiben aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands zu Hause und müssen wieder, wie vor vielen Jahren, alle Schrecken des Krieges ertragen. Im Namen unserer Organisation und in meinem eigenen Namen möchte ich all den Menschen danken, die nicht gleichgültig sind. Und ich möchte auch die Worte der Dankbarkeit der älteren Menschen übermitteln, die diese Hilfe erhalten. Jedes Mal, wenn ich Worte der Dankbarkeit und Gebete für alle Menschen höre!!!«
Das Hilfsnetzwerk konnte bislang 141.000 Euro Spendengelder für Überlebende, Angehörige und Fachkolleg:innen einsetzen. Diese Woche konnten wir 50 Überlebende des Genozids an den Rom:nja mit einer finanziellen Soforthilfe unterstützen. Unser Dank gilt den Spender:innen, aber auch unseren Partner:innen in der Ukraine, ohne deren Arbeit diese Unterstützung nicht möglich wäre.
Wer direkt unterstützen will, kann dies im Rahmen einer Spendekampagne des Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und des Hilfsnetzwerks anlässlich des Europäischen Holocaust Gedenktages für Sinti und Roma: Hilfe für Überlebende Roma der NS-Verfolgung in der Ukraine – Zentralrat Deutscher Sinti und Roma – betterplace.org
Helfen Sie mit Ihrer Spende den Überlebenden der NS-Verfolgung in der Ukraine!
Spendenkonto bei der Berliner Volksbank
Empfänger: Kontakte-Kontakty
IBAN: DE59 1009 0000 2888 9620 02
BIC: BEVODEBB