Das Expertentreffen war Teil des EU-Projektes EHRI »European Holocaust Research Infrastructure«. Dessen Ziel ist es, eine online basierte Infrastruktur zur Holocaust-Forschung zu schaffen, um Archive, Gedenkstätten, Holocaust-Forschungsinstitutionen sowie wissenschaftlichen Nachwuchs dauerhaft zu vernetzen und zu fördern. Die Stiftung Denkmal und Yad Vashem sind Mitglieder des Konsortiums des EHRI-Projektes.
Teilnehmer aus aller Welt
27 Vertreter führender Forschungsinstitutionen zum Holocaust aus insgesamt zwölf Ländern sowie zahlreiche Gasthörer versammelten sich für zwei Tage im Ort der Information am Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Zu Beginn des Workshops begrüßte Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal, die Gäste und hob die Bedeutung des Ortes für das Thema des Workshops hervor – die Aufarbeitung individueller Opferbiographien für ein würdiges Gedenken. Anschließend hielt Dr. Haim Gertner, Direktor des Archivs in Yad Vashem, einen einführenden Vortrag.
Die Themen der Tagung gliederten sich in drei Teilbereiche, die sich der Rekonstruktion von Lebensgeschichten auf unterschiedliche Art und Weise nähern: lokale Projekte und grenzüberschreitende Initiativen, großangelegte Projekte unter Berücksichtigung spezifisch technischer und/oder methodologischer Aspekte sowie neue und zusätzliche Quellen.
Das Spektrum der Vorträge reichte von praktischen Erinnerungs- und Geschichtsvermittlungsprojekten bis hin zu technisch orientierten Beiträgen über Opfer-Datenbanken. Vor allem im Bereich der Datenbanken gab es regen Austauschbedarf. So war eine viel diskutierte Frage, auf welche Art und Weise sich weit verstreute Quellen zu Verfolgungsschicksalen (z. B. Deportationslisten oder Kennkarten) erfassen und in Datenbanken für die Recherche sinnvoll aufbereiten lassen. Die Teilnehmer des Workshops profitierten aufgrund der Vorstellung zahlreicher unterschiedlicher Datenbankenprojekte von einem äußerst detailreichen Austausch. Dabei wurden sowohl übergreifende methodische Probleme angesprochen, wie etwa die unterschiedliche Transkriptionen von Namen und Orten, aber auch datenschutzrechtliche Bestimmungen in verschiedenen Ländern. Darüber hinaus konnten neue beziehungsweise bislang wenig beachtete Quellen und ihre Qualität für die Entdeckung weiterer Namen in die Diskussion integriert werden, etwa mündliche Zeitzeugeninterviews, Entschädigungsakten oder frühe Quellen zum Holocaust.
Bedeutung von EHRI
Erneut wurde festgestellt, dass in verschiedenen Forschungsprojekten sehr häufig auf bekannte Quellenarten zurückgegriffen wird, um die Lebenswege von Holocaustopfern zu dokumentieren. Das Wissen um andere oder neue Projekte ist jedoch noch immer vergleichsweise gering. Vor diesem Hintergrund wurde die Wichtigkeit einer übergreifenden Forschungsplattform wie EHRI mit vernetzender Funktion einmal mehr deutlich.
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Teilnehmer aus folgenden Institutionen sorgten für regen Austausch: Yad Vashem, Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Jüdisches historisches Museum Amsterdam, KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Gedenkstätte Stille Helden, Berlin, United States Holocaust Memorial Museum, Washington, Kaserne Dossin, Belgien, Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, Wien, KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, Internationaler Suchdienst, Bad Arolsen, Memorial de la Shoah, Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien, Auschwitz Museum, Fondazione Centro di Documentazione Ebraica Contemporanea, Mailand, Bundesarchiv Berlin, Jüdisches Museum, Vilnius, Oxford Brooks University