Am Dienstag, den 11. Juli 2017, fand im Ort der Information am Denkmal für die ermordeten Juden Europas die Buchvorstellung des Bandes »Als Blinder in Theresienstadt. Der Münchner Schriftsteller Norbert Stern« von Wolfgang Benz, erschienen in den Jüdischen Miniaturen bei Hentrich & Hentrich, mit anschließendem Gespräch zwischen Wolfgang Benz und Norbert Sterns Enkelin, Délia Constantin, statt.
Zu Beginn begrüßte Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal, die Gäste. Er betonte die gute Zusammenarbeit mit Wolfgang Benz, der seit über 17 Jahren Sprecher des Beirats der Stiftung Denkmal ist. So findet nun fast schon alljährlich eine Veranstaltung gemeinsam mit ihm im Ort der Information statt. Dieses Jahr stand der Lebensweg des blinden Schriftstellers Norbert Stern aus München im Mittelpunkt.
In seinem sehr anschaulichen und ausführlichen Vortrag stellte Wolfgang Benz Norbert Stern, der erblindet in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurde, vor.
Norbert Stern (1881 – 1964) studierte Philosophie, promovierte in Bern und war Generalsekretär des Reichsverbands der Deutschen Moden-Industrie. Am 21. Juni 1942 wurde er aus seiner Münchner Wohnung in das Barackenlager Knorrstraße und von dort nach Theresienstadt verschleppt. Trotz seiner Erblindung »sah« der jüdische Schriftsteller und Privatgelehrte mehr als andere. Seine Aufzeichnungen aus Theresienstadt – fast 3kg Papier nahm er mit nach Hause – vermitteln ein ungeschminktes Bild der inneren Widersprüche der dortigen jüdischen Zwangsgemeinschaft.
Im Gespräch mit Norbert Sterns Enkelin, Délia Constantin, diskutierte Wolfgang Benz über die ungeklärte Situation der Manuskripte Norberts Sterns. So gibt es wohl – laut der Enkelin – ein Buch von ihm über Theresienstadt, das allerdings seit den 1950er Jahren verschollen ist. Bis heute finden sich nur Auszüge aus diesem Manuskript in den Verschriftlichungen einer Radiosendung wieder. Anhand dieser unklaren Datenlage betonte Wolfgang Benz die Schwierigkeiten und Probleme bei dieser, aber auch der generellen historischen Recherchearbeit. Denn die Existenz der Enkelin wurde ihm erst nach Fertigstellung des Buches – durch eine E-Mail von ihr – bekannt.
Der Abend endete mit einer regen Diskussion. Gemeinsam mit dem Publikum wurde sich darüber ausgetauscht, wie man historisches Wissen, das nicht unmittelbar greifbar und überliefert ist, aufarbeitet und über welche Wege weiter recherchiert werden kann.
Es war ein überaus spannender Abend über einen am Ende doch nicht ganz fassbaren Mann, dessen persönliche Beziehung, verbundenen mit einem dritten Kind, erst durch einen unerwarteten Zufall an das Licht der historischen Recherchearbeit fand.