Am 24. September 2014 wurde in der Vertretung des Freistaates Bayern das Buch »Elf Jahre. Ein Bericht aus deutschen Konzentrationslagern« von Carl Schrade vorgestellt.
Der ehemalige Häftling Carl Schrade (1896–1974) verfasste kurz nach seiner Befreiung aus dem KZ Flossenbürg einen Bericht über die vergangenen elf Jahre: Bis 1934 verbüßte er mehrere Haftstrafen wegen Eigentumsdelikten, danach wies ihn die Gestapo in das KZ Lichtenburg ein. Es folgten Esterwegen, Sachsenhausen, Buchenwald und Flossenbürg, wo er über sechs Jahre gefangen war. In Flossenbürg hatte er die Position eines »Oberkapo« inne, die es ihm ermöglichte, einige Mithäftlinge kurz vor der Räumung des Konzentrationslagers in der Typhusstation zu verstecken und ihnen damit das Leben zu retten. Schrade gibt in seinem Bericht einen detaillierten Einblick in das System der Konzentrationslager, beschreibt die Gewaltexzesse der SS und erinnert auch an das Schicksal zahlreicher Mitgefangener.
Zum Auftakt der Veranstaltung wandte sich Ministerialdirigentin Martina Maschauer, Dienststellenleiterin der Bayerischen Vertretung in Berlin, mit einem Grußwort an das Publikum. Auch Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, begrüßte die knapp 100 Gäste. In einer bewegenden Ansprache erinnerte Dr. Jack Terry, Sprecher der ehemaligen Häftlinge des Konzentrationslagers Flossenbürg, an seinen Freund Carl Schrade. Terry, der eigens für die Buchpräsentation aus New York angereist war, war einer von jenen Häftlingen in Flossenbürg, die von Carl Schrade versteckt worden waren und so überlebte.
Bevor der Schauspieler Bernd Michael Lade Auszüge aus dem Buch vorlas, gab Dr. Jörg Skriebeleit, Leiter KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, einen Einblick in die Entstehungsgeschichte des Buches. Dabei betonte er, wie wichtig es sei, aller Opfer des Nationalsozialismus gleichermaßen zu gedenken. Mit dem Erscheinen von Carl Schrades Erinnerungen wird erstmals die Stimme eines als »Berufsverbrecher« verfolgten NS-Opfers laut. Obwohl er insgesamt elf Jahre in nationalsozialistischen Konzentrationslagern inhaftiert war, wurde Carl Schrade die Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus lange verweigert. Mit dem Stigma des »Kriminellen« fand er auch zu seinen Lebzeiten keine Leserschaft für seinen Bericht. Dieser wurde erst über den Nachlass eines Mithäftlings und Freundes gefunden und konnte nun, 30 Jahre nach Carl Schrades Tod, in Deutschland veröffentlicht werden.
Carl Schrade »Elf Jahre. Ein Bericht aus deutschen Konzentrationslagern«
Hg. und kommentiert von Kathrin Helldorfer, Annette Kraus und Jörg Skriebeleit. Aus dem Französischen von Susanne Röckel, Reihe: Flossenbürger Forum (Hg. von der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg / Stiftung Bayerische Gedenkstätten); Bd. 01, Preis: 19,90 €, erhältlich über den Wallstein Verlag