Bei eisigem, aber sonnigem Wetter kamen etwa 200 Teilnehmer am Mahnmal in der Großen Hamburger Straße in Berlin-Mitte zusammen, wo Kantor Simon Zkorenblut und Rabbiner Jonah Sievers die Veranstaltung mit einem El Male Rachamin und einem Kaddisch begannen.
Nach dem anschließenden Schweigemarsch zur Skulptur von Ingeborg Hunziger in der Rosenstraße hieß Uwe Neumärker, Mitglied der Ständigen Konferenz und Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, die Teilnehmer willkommen. In seinem Grußwort sagte er, dass der Protest in der Rosenstraße, dieser »Akt von Mut«, uns bestärken sollte, unsere Demokratie »gegen jedwede Ausgrenzung von Minderheiten zu verteidigen«.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau betonte in ihrer Rede die Notwendigkeit einer vielfältigen Erinnerungskultur, die weiterhin bestehen muss, trotz und gerade wegen zunehmend offenem Antisemitismus und Vorbehalten gegenüber Minderheiten, »die immer unverhohlener und immer öfter auch gewalttätig geäußert« werden. Sie forderte dazu auf, antidemokratischen Tendenzen offen zu widersprechen. Im abschließenden Merkwort würdigte Dr. Mario Offenberg von der Israelischen Synagogen-Gemeinde (Adass Jisroel) zu Berlin diejenigen, die »in der Zeit von höchster Not mutig und unerschrocken ihre eigene und die Würde anderer verteidigten«.
Die Reden wurden von Esther Hirsch, Kantorin der Synagoge Sukkat Schalom, und dem Chor des Moses-Mendelssohn-Gymnasiums musikalisch umrahmt.
Im Anschluss an das Gedenken in der Großen Hamburger und der Rosenstraße konnten sich die Teilnehmer in den Räumen des Instituto Cervantes aufwärmen. Dort führten Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Tiergarten ein Zeitzeugengespräch mit Petra und Franz Michalski. Die Eltern von Franz Michalski (*1934) waren mit den beiden Söhnen während der NS-Zeit untergetaucht. Bewegend erzählten die Michalskis von Franz‘ Kindheit, dem Überleben im Untergrund und den vielen Helfern, ohne die die Rettung der Familie nicht möglich gewesen wäre.
Hintergrund
Im Februar 1943 fand die »Fabrik-Aktion«, bei der Tausende Jüdinnen und Juden in Berlin festgenommen und anschließend deportiert wurden, statt. Viele in sogenannten »Mischehen« lebende Juden wurden im Zuge dieser Aktion im Sammellager in der Rosenstraße 2-4 interniert. Ihre Angehörigen harrten daraufhin tagelang vor dem Gebäude aus, um die Freilassung zu erwirken. Auch in der Großen Hamburger Straße befand sich ein Sammellager für Jüdische Bürger.