Am Abend des 16. November 2014 wurde Nechama Drober in der Residenz des Deutschen Botschafters in Israel das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Damit würdigte Bundespräsident Joachim Gauck ihr »besonderes persönliches Engagement für die Aufklärungsarbeit über die Greuel des Holocaust und der Judenverfolgungen in Ostpreußen und insbesondere in Königsberg«. Frau Drober, die vor 87 Jahren als Hella Markowsky in Königsberg geboren wurde und die nationalsozialistische Verfolgung wie auch die anschließende »Russenzeit« nach dem Einmarsch der Roten Armee im Frühjahr 1945 nur knapp überlebte, erhielt damit endlich die Anerkennung, die ihr deutsches Vaterland ihr lange verweigert hatte. Anwesend waren ihre ältere Schwester Rita, ihr Sohn Eduard mit Familie und andere Verwandte.
Monika Iwersen, Gesandte der Bundesrepublik Deutschland in Tel Aviv, betonte in ihrer Laudatio auf die Geehrte, »dass Ihre Geschichte eben nicht mit dem Ende des Nationalsozialismus zu Ende erzählt ist, sondern dass sich lange schwierige Jahre in der Sowjetunion in Moldawien anschlossen. Und dann, 1990, beim Zerfall des Sowjetreiches, im freudigen Moment der deutschen Wiedervereinigung, als Sie versuchen, nach Deutschland zurückzukehren, geschieht das Unglaubliche: Die Bundesrepublik verweigert Ihnen die Rückkehr in Ihr Heimatland, man glaubt Ihnen Ihre eigene Geschichte nicht – Ihr eigenes Land hat Sie – erneut – zurückgewiesen. Es hat lange gedauert, bis 1996, bis dieser furchtbare Fehler erkannt wurde und Sie Ihren deutschen Pass in den Händen hielten.[…] Sie haben sich mit großem persönlichen Einsatz in Vorträgen und in Veröffentlichungen um Versöhnung verdient gemacht und Brücken geschlagen zu den Bemühungen der Bundesrepublik, das Gedenken fortleben zu lassen. […] Deutschland, Ihr Land, ist Ihnen dankbar.«
Frau Drober bezog sich in ihrer trotz aller Aufgeregtheit ruhig vorgetragenen anrührenden Rede insbesondere auf die Ermordeten: »Seit vielen Jahren bemühe ich mich, etwas für ihr Gedenken zu tun. Ich habe meine Erinnerungen aufgeschrieben und möglichst alle Namen erwähnt.« Es folgten ein Interview für die Stiftung Denkmal 2010, eine Gedenktafel am früheren Nordbahnhof in ihrer heute russischen Vaterstadt 2011, eine Ausstellung zum 75. Jahrestag der sogenannten Kristallnacht, die am 9. November 2013 in Königsberg eröffnet wurde, und viele Gespräche über ihr Schicksal. »Das« – so Frau Drober – »musste ich tun, es war und ist selbstverständlich, denn auch dafür habe ich überlebt. Und ich spreche heute hier auch für alle, die nicht mehr leben durften, weil sie Juden waren: meine Verwandten, Freunde und Schulkameraden.« Abschließend dankte sie in sehr persönlichen Worten Uwe Neumärker für seine Unterstützung, »darüber aufzuklären, das die Menschheit erfahren soll, dass in Ostpreußen auch Juden gelebt haben, sie deportiert und ermordet wurden«, und ihrem Sohn Eduard, der sie »auf den Reisen nach Deutschland und in meine alte Heimat Königsberg immer begleitet hat«.
Stiftungsdirektor Uwe Neumärker machte deutlich, dass Frau Drober zwar eine »Zeitzeugin des Holocaust [sei], doch vor allem auch des jüdischen Lebens am Pregel, dessen liberale Weltbürgerrepublik ohne Juden nicht denkbar wäre« und dass dieses ausgelöschte Leben »Teil unserer deutschen Kultur, unseres kulturellen Erbes, ja des europäischen« ist. Frau Drober sei mit ihren detaillierten Erinnerungen die »Chronistin einer untergegangenen Welt Königsbergs«. Neumärker weiter: »Deutschland ist ihr Vaterland, Königsberg ist ihre Heimat, die deutsche Sprache ihre Muttersprache, die Sprache ihrer Träume und auch Albträume, auch sie ist Heimat«. Das Bundesverdienstkreuz sei »eine große Ehre und späte, wenngleich zu späte Anerkennung – ein Trostpflaster«.
Die Stiftung hat im Jahr 2012 die Lebenserinnerungen Nechama Drobers unter dem Titel »Ich heiße jetzt Nechama« herausgegeben. Eine Neuauflage ist für Frühjahr 2015 geplant.