Zu Lesung und Gespräch luden die Australische Botschaft und die Stiftung Denkmal am Donnerstagabend in die Wallstraße 76-79 ein. Die mehr als 150 Gäste wurden von I.E. Lynette Wood, Australische Botschafterin, begrüßt und von Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, in das Thema des Abends eingeführt. Anschließend las der Journalist und Schriftsteller Maxim Leo aus der Autobiographie des Autors und Überlebenden Walter Kaufmann – die dem Abend auch ihren Namen verlieh: »Im Fluss der Zeit: Auf drei Kontinenten«. Daran schloss sich ein Gespräch des 95-jährigen Zeitzeugen mit der Historikerin Annette Leo. Sie sprachen über sein bewegtes Leben – wie Walter Kaufmann, geboren 1924 im Berliner Scheunenviertel, im Januar 1939 – an seinem 15. Geburtstag – mit einem Kindertransport London erreichte. Wie ihn die britischen Behörden im Mai 1940 als »feindlichen Ausländer« in Liverpool internierten und mit 2.000 anderen Flüchtlingen auf dem Gefangenenschiff Dunera nach Australien brachten und er dort 18 Monate hinter Stacheldraht ausharrte.
Auf die Frage, wie er seine Zeit danach, als Soldat in einem australischen Bataillon für Ausländer, in Erinnerung hat, antwortete er: »Wir sind aus dem Krieg herausgegangen, ohne eine verdammte Schramme. Da ist schon sehr viel!« Später verdingte er sich als Hafenarbeiter, Hochzeitsfotograf und Seemann – und begann zu schreiben. 1955 kehrte er nach Europa zurück und lebte als Schriftsteller in der DDR, behielt jedoch die australische Staatsbürgerschaft. Eine der letzten Fragen des Abends lautete: »Was waren denn Ihre Motive, nach Deutschland, in die DDR zurückzukehren. Wollen Sie da leben?« Walter Kaufmann antwortete prompt: »Ich wollte nicht in erster Linie dort leben. Ich wollte ein sozialistisches Land erleben. Ich wollte wissen, wie das läuft.«