Die Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden wird in der öffentlichen Wahrnehmung mit keinem anderen Ort so stark verbunden wie mit Auschwitz. Der Name des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers dient vielen als Synonym für den Holocaust allgemein. Allerdings führt diese Reduktion dazu, dass über die große Zahl an Massenerschießungen und die anderen Vernichtungsstätten nur wenig bekannt ist.
Darüber sprach ich am 30. Januar 2025 im Rathaus am John-F.-Kennedy-Platz. Die Veranstaltung des Berliner Bezirks Tempelhof-Schöneberg fand anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung des Lagers Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar statt. Allein in diesem Lager hatte die SS mehr als eine Million Menschen ermordet. Eine noch größere Zahl an Jüdinnen und Juden erschossen die deutschen Truppen – vor allem auf dem besetzten Gebiet der Sowjetunion – und ermordeten sie in den Vernichtungsstätten der »Aktion Reinhardt«, wie Belzec, Treblinka und Sobibor.
Ein besonderes Augenmerk richtete ich auf die Ghettoisierung von Jüdinnen und Juden in den besetzten Gebieten. Ihre Geschichte schilderte ich anhand einzelner Biographien und Selbstzeugnissen – zum Beispiel über die katastrophalen Bedingungen in den Ghettos von Litzmannstadt (heute Łódź) und Lemberg (heute Lwiw). Von dort fuhren Züge nach Kulmhof, Auschwitz-Birkenau, Majdanek, Treblinka und Sobibor sowie Belzec, wo die Deportierten mit Gas ermordet wurden.
Ein Schwerpunkt des 45-minütigen Vortrags lag darauf, einzelne Fragen vorzustellen, die sich die historische Forschung in den letzten Jahrzehnten gestellt hatte: Dazu zählten Diskussionen über die Täterschaft und die Radikalisierung der Vernichtungspolitik, dem Verhältnis von Antisemitismus und gesellschaftlichen Strukturen sowie der Frage seiner Singularität des Holocaust. Ebenso wurde darüber gestritten, wie die deutschen Verfolgungsmaßnahmen und die jüdische Wahrnehmung des Holocaust miteinander verbunden erzählt werden können.
Oliver Gaida, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung