Auf dem Höhepunkt der deutschen Machtausdehnung im Zweiten Weltkrieg lebten zwischen Nordnorwegen und den griechischen Mittelmeerinseln sowie der französischen Atlantikküste und Gebieten tief im Inneren der S owjetunion ungefähr 230 Millionen Menschen unter deutscher Besatzung. Sie alle mussten sich in verschiedener Weise mit der Besatzungsmacht auseinandersetzen, die tief in ihren Alltag eingriff.
Alltagserfahrungen und Überlebensstrategien der Lokalbevölkerungen in den von der Wehrmacht besetzten Regionen Europas standen durchweg unter Gewaltbedingungen. Im Fokus der Vortragsreihe stehen Themenschwerpunkte wie Mangelerfahrungen und Versorgung, Arbeit und Ausbeutung, Wohnungsnot und Stadtzerstörung. Gefragt wird auch nach Kriegsbeziehungen zwischen deutschen Männern und einheimischen Frauen, nach den Möglichkeiten von Freizeitgestaltung unter deutscher Besatzung sowie nach den Handlungsspielräumen ansässiger Lokalverwaltungen.
Eine Reihe mit Vorträgen ausgewiesener Expertinnen und Experten, begleitet von einer Lesung bislang weitgehend unbekannter historischer Quellen, beleuchtete das Leben unter deutscher Besatzung, zeigte Erfahrungsdimensionen in europäischer Perspektive auf. Sie warf dabei auch ein Schlaglicht auf die besondere Situation jüdischer Menschen, die als Besetzte und als Juden von den Maßnahmen der Besatzer in doppelter Weise betroffen waren. Besondere Berücksichtigung fanden dabei Erfahrungen wie die des plötzlichen Umschlagens zwischen vermeintlicher (Besatzungs-) Normalität und brutaler NS -Herrschaft.
Die Vortragsreihe basierte auf Ergebnissen des laufenden Forschungs- und Editionsprojekts »Societies under German Occupation – Experiences and Everyday Life in World War II«, das unter der Leitung von Tatjana Tönsmeyer stand. Mit einer vergleichenden Perspektive wurden nicht zuletzt jüngere Trends der internationalen Forschung aufgenommen und zur Diskussion gestellt.
Veranstaltungsort:
Topographie des Terrors, Niederkirchnerstraße 8, 10963 Berlin-Kreuzberg, Telefon 030 254509-13, www.topographie.de, U+ S Potsdamer Platz, S Anhalter Bahnhof
Veranstaltung der Vortragsreihe
11. Januar 2022, 19 Uhr
Enge, Kälte, Dunkelheit. Wohnungsnot, Entvölkerung und Stadtzerstörung als europäische Besatzungserfahrungen im Zweiten Weltkrieg
Vortrag
Prof. Dr. Tatjana Tönsmeyer, Historisches Seminar, Bergische Universität Wuppertal
Moderation
Prof. Dr. Stefanie Schüler-Springorum, Direktorin des Zentrums für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin
Veranstalter:
Eine Veranstaltungsreihe der Stiftung Topographie des Terrors und Prof. Dr. Tatjana Tönsmeyer (Bergische Universität Wuppertal) in Verbindung mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas