Ingeburg Geißler wird am 8. Juli 1932 in Erfurt, Thüringen, als Tochter eines Gärtners und einer kaufmännischen Angestellten geboren. Ihr Vater ist jüdischen Glaubens, ihre Mutter Christin, Ingeburg wird jedoch nicht religiös erzogen. Um Mutter und Kind vor Zwangsmaßnahmen der nationalsozialistischen Machthaber zu schützen, lassen sich die Eltern scheiden. 1938 wandert der Vater nach Schanghai aus. Zu dieser Zeit lebt Ingeburg bei Verwandten in der Nähe von Erfurt. Ihre Tante ermöglicht ihr trotz zunehmender Diskriminierungen einen halbwegs normalen Alltag. Doch im Januar 1945 wird Ingeburg als Zwölfjährige ohne weitere Angehörige in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Auf der Fahrt dahin schreibt sie eine Postkarte, die sie aus dem Zug wirft. Darauf steht: »Es ist alles gelogen, ich komme nicht wieder.«
Die anderen Menschen im Zug erklären ihr, es gehe nicht, wie von der Gestapo versprochen, in ein Umerziehungslager – sondern in die Gaskammern. »Die wussten alle mehr als ich. Für mich war Theresienstadt kein Begriff.« In Theresienstadt verbringt Ingeburg fünf Monate ohne Familie. Keines der Familienmitglieder wusste während dieser Zeit, ob sie noch am Leben war. »Es gab kaum etwas zu Essen, keine Medikamente, es war ein sehr kalter Winter und am Allerschlimmsten war das Ungeziefer.« Außerdem sei die Angst, ermordet zu werden, ein ständiger Begleiter gewesen.
Im Mai 1945 wird sie – als eines von etwa 100 Kindern – von der Roten Armee aus Theresienstadt befreit. Nach der Rückkehr in ihre Heimatstadt Erfurt macht sie trotz der verpassten Schuljahre mit Hilfe ihrer Mutter das Abitur, studiert später Jura und zieht nach Ostberlin.
Seit Jahren berichtet sie als Zeitzeugnissen von ihren Erlebnissen und setzt sich für mehr Toleranz und Zivilcourage ein.
Mit der Stiftung Denkmal traf sich Ingeburg Geißler zuletzt im Dezember 2018 mit etwa 100 Schülern aus verschiedenen Berliner Schulen im Ort der Information unter dem Holocaust-Denkmal.