Nach dem Holocaust entschied sich Wolfgang Nossen, nach Israel auszuwandern und am Unabhängigkeitskrieg teilzunehmen. Wegen seiner großen Jugendliebe kehrte er jedoch wieder zurück nach Deutschland. Als Vorsitzender der jüdischen Landesgemeinde in Thüringen setzte er sich gegen Rechtsextremismus ein.
1931 in Breslau geboren, erlebte Wolfgang Nossen schon früh die Auswirkungen nationalsozialistischer Verfolgung. Er sah im November 1938 die Synagoge brennen, sein Vater wurde verhaftet und für mehrere Monate in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Bei einem Bombenangriff gelang es der Familie unterzutauchen und bis zur Befreiung durch die Rote Armee im Versteck zu leben. Auch der Vater kehrte nach seiner Flucht von einem ›Todesmarsch‹ nach Breslau zurück. Nachdem die Familie von Schlesien nach Erfurt gezogen war, lernte Wolfgang Nossen dort seine große Liebe Elisabeth kennen. 1948 wanderte er nach Israel aus und kämpfte im Unabhängigkeitskrieg. 1959 traf er Elisabeth bei einem Besuch in Deutschland wieder, doch die beiden blieben erst nach einem erneuten Wiedersehen in Erfurt 1989 dauerhaft zusammen. Von 1995 bis 2012 stand Wolfgang Nossen der Jüdischen Gemeinde in Thüringen vor. Für seine Verdienste um das jüdische Leben und sein Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus wurde er 2011 mit dem Verdienstorden des Freistaats Thüringen geehrt. Zum Zeitpunkt des Interviews war er 82 Jahre alt.
Wolfgang Nossen (01166/sdje/0061). Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, 16. April 2013 (Erfurt). Durchführung: Daniel Baranowski, Martin Hölzl und Daniel Hübner. Transkription und Bearbeitung: Martin Hölzl.