Etwas über zwei Jahre nach der Einweihung einer Gedenktafel für die im Sommer 1942 deportierten jüdischen Kinder, Frauen und Männer aus Königsberg und der Provinz Ostpreußen am 24. Juni 2011 begab sich die nunmehr 86-jährige Nechama Drober zusammen mit ihrem Sohn Eduard erneut in ihre Heimatstadt am Pregel. Anlass war die Eröffnung der Ausstellung »Alles brannte! Jüdisches Leben und seine Zerstörung in den preußischen Provinzen Hannover und Ostpreußen«, die dem 75. Jahrestag der antijüdischen Gewalt von Staat und Partei im November 1938 gewidmet ist. Am 9. November besuchte Frau Drober – zusammen mit dem Direktor des Ostpreußischen Landesmuseums Lüneburg, Dr. Joachim Mähnert, und dem Vorsitzenden der Stiftung Königsberg, Klaus Weigelt, – am späten Nachmittag zunächst den Standort der Neuen Synagoge an der Lindenstraße. Das Gebäude wird derzeit mit seiner historischen Fassade wiederaufgebaut; das Fundament samt der Mikwe ist bereits fertig gestellt. Investor Wladimir Katcman, der auch das Mahnmal in Palmnicken finanziert hat, ließ es sich nicht nehmen, die Zeitzeugin persönlich zu begrüßen. Für Frau Drober, die das Gotteshaus in der Nacht vom 9. auf dem 10. November 1938 hatte brennen sehen und Zeugin seiner Sprengung kurz darauf gewesen war, war es zutiefst bewegend, auf den Tag genau 75 Jahre später dort zu sein, zumal noch Grundmauern zu erkennen sind. Zwischen 1942 und 1944 hatte die Familie Markowski in einem Nachbarhaus gewohnt, bis zu den verheerenden Bombenangriffen im Sommer 1944.
Um halb sieben an diesem 9. November 2013 begann eine Gedenkstunde am ehemaligen jüdischen Waisenhaus, bei der ein litauischer Chor sang und Oberrabbiner David Schwedik das Kaddisch sprach. Anschließend wurde »Alles brannte!« im Deutsch-Russischen Haus eröffnet. Es redeten unter anderem der Vorsitzende der jüdischen Gemeinschaft »Adass Jisroel«, Viktor Schapiro, der deutsche Generalkonsul, Dr. Dr. Rolf Friedrich Krause, und Nechama Drober, die mit ostpreußischen Dialekt über ihr Schicksal als Jüdin während des Nationalsozialismus berichtete.
Am Tag darauf begab sie sich zum Gelände des zwischen 1927 und 1929 angelegten Neuen Jüdischen Friedhofs an der früheren Steffeckstraße. Auf dem einen Teil – im Eingangsbereich, einem verunstalteten Bau des weltberühmten aus Ostpreußen stammenden Architekten Erich Mendelsohn (1887–1953), – befindet sich die Veterinärmedizin des Gebiets. Der andere ist verwildert. Dort befanden sich bis nach Kriegsende die Gräber für Kinder. Hier wurde im Spätsommer 1945 auch Nechama Drobers fünfjähriger Bruder Denny begraben, nachdem er – wie Zehntausende deutsche Zivilisten nach der sowjetischen Eroberung – verhungert war. An diesem sonnigen Novembertag stellte sie – sichtlich bewegt – ein Teelicht an der von ihr bei einem früheren Besuch markierten, ansonsten unkenntlichen Stelle auf.
Am Abend des 11. November fand als krönender Abschluss dieses Besuches in ihrer Heimatstadt Königsberg die Premiere der russischen Ausgabe ihrer Erinnerungen »Ich heiße jetzt Nechama. Mein Leben zwischen Königsberg und Israel« im Bernstein-Museum am Oberteich statt.