Die Massenerschießungen von Zivilisten in Mittel- und Osteuropa in den Jahren 1941 bis 1945 stellen noch immer ein weitgehend unbekanntes Kapitel in der deutschen Geschichte und der europäischen Erinnerungskultur dar. Die Ausstellung informiert vor allem über diejenigen Verbrechen, die die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD, deutsche Polizeieinheiten sowie einheimische Helfer in den besetzten sowjetischen Gebieten verübten. Bis zur Rückeroberung durch die Rote Armee wurden dort rund zwei Millionen jüdische Männer, Frauen und Kinder erschossen oder in sogenannten Gaswagen erstickt – über ein Drittel aller Holocaustopfer. Auf gleiche Weise verloren auch etwa 30.000 Roma und 17.000 Patienten psychiatrischer Anstalten ihr Leben.
Die Ausstellung greift erstmals neue Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft und Sozialpsychologie zu den Tätern auf und setzt sich intensiv mit der Situation der zusammengetriebenen Menschen in den Stunden vor der Erschießung auseinander. Zehn Einzelbiografien erinnern zudem an das Schicksal mehrerer Menschen, die zwischen Ostsee und Schwarzem Meer verfolgt und ermordet wurden. Auch die juristische Aufarbeitung der Verbrechen und die in der Bundesrepublik tätigen Hilfsnetzwerke für einige verurteilte Hauptverantwortliche sollen Gegenstand der Darstellung sein.
Anhand des Städtchens Mizocz in Wolhynien (Ostpolen, heute Ukraine) werden die Abläufe einer Massenerschießung exemplarisch vertieft: Am 14. und 15. Oktober 1942 erschoss ein Kommando der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes dort über 1.500 jüdische Männer, Frauen und Kinder. Ein deutscher Gendarm fotografierte das Verbrechen; die Herkunft der Bilder konnte jedoch erst in den 1970er Jahren durch die deutsche Justiz geklärt werden. Dem Ausstellungsteam gelang es, die vermutlichen Originalabzüge im Tschechischen Nationalarchiv in Prag aufzufinden. Am Beispiel von Mizocz werden sowohl das mörderische Zusammenwirken deutscher Besatzungsorgane untereinander sowie die Rolle einheimischer Hilfswilliger als auch die verzweifelten Versuche der jüdischen Einwohner, sich zu retten, und das Verhalten der nichtjüdischen Nachbarn deutlich.
Die Ausstellung wird ab dem 27. September 2016 im Dokumentationszentrum Topographie des Terrors, Niederkirchnerstraße 8, 10963 Berlin, zu sehen sein.