Als Naftali Arjan nach dem Krieg in seine polnische Heimat zurückkehrte, suchte er vergeblich nach Überlebenden seiner Familie: Fast alle waren ermordet worden. Er selbst hatte sechs deutsche Konzentrationslager und den Todesmarsch nach Groß-Rosen im Januar 1945 überlebt.
1928 in eine jüdische Familie in Krakau geboren, wuchs er in bescheidenem Wohlstand auf. Der Beginn des Zweiten Weltkrieges und die deutsche Besatzung Polens bedeuteten den Beginn einer langen Verfolgungs- und Leidenszeit. Der Vater floh vor der Wehrmacht, die Mutter musste wenig später mit ihren Kindern in die Kleinstadt Skała umziehen, wo Naftali Arjan schon früh durch Arbeit zum Lebensunterhalt beitragen musste. Bei einer Deportation wurde er von seiner Familie getrennt und in das Krakauer Julag I zur Zwangsarbeit eingewiesen. Es folgten mehrere Deportationen in verschiedene Konzentrationslager, darunter auch Auschwitz und Buchenwald, wo er am 11. April 1945 durch amerikanische Truppen befreit wurde. Bei der Befreiung wog er nur noch 32 Kilogramm. Im Januar 1949 wanderte er nach Israel aus, wo er sich als Dachdecker eine berufliche Existenz aufbaute, heiratete und eine Familie gründete. Nach seiner Pensionierung engagierte er sich als Zeitzeuge und berichtete vor Schulklassen und israelischen Soldaten von der Verfolgung seiner Familie. Zum Zeitpunkt des Interviews war Naftali Arjan 85 Jahre alt.
Naftali Arjan (01177/sdje/0069). Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Cholon (19. November 2013). Durchführung: Christoph Schönborn, Martin Hölzl und Lennart Bohne. Transkription: Ruth Preusse. Bearbeitung: Martin Hölzl.