Der »Gedenkort für die Opfer der NS-›Euthanasie‹-Morde« am historischen Ort der Planungszentrale, in der Berliner Tiergartenstraße 4, erinnert an die Ermordung zehntausender Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten sowie »rassisch« und sozial unerwünschter Menschen. Eine begleitende Freiluftausstellung informiert über die Geschichte der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde mit ihren Auswirkungen bis in die Gegenwart hinein.
Der Siegerentwurf der Architektin Ursula Wilms sowie des Künstlers Nikolaus Koliusis und des Landschaftsarchitekten Heinz W. Hallmann wurde am 2. September 2014 feierlich der Öffentlichkeit übergeben.
Denkmal
täglich 24h barrierefrei
zugänglich
ORT
Tiergartenstraße 4
10785 Berlin
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Architekten Des Gedenkortes
Aufgrund des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom November 2011 lobte das Land Berlin einen Gestaltungswettbewerb aus. Der Siegerentwurf der Architektin Ursula Wilms sowie des Künstlers Nikolaus Koliusis und des Landschaftsarchitekten Heinz W. Hallmann umfasst eine transparente blaue 24 Meter lange Glaswand, die auf einer zur Mitte leicht geneigten dunklen Fläche aus anthrazitgefärbtem Betonbelag verläuft. Eine begleitende Freiluftausstellung informiert über die Geschichte der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde mit ihren Auswirkungen bis in die Gegenwart hinein. Das Konzept und die Inhalte der Freiluftausstellung wurden von dem Erkenntnistransfer-Projekt »Erinnern heißt gedenken und informieren« an der TU München erarbeitet, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt wurde.
Geschichte des Denkmals
Die Ermordung zehntausender Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten sowie »rassisch« und sozial unerwünschter Menschen war das erste systematische Massenverbrechen des nationalsozialistischen Regimes. Sie gilt als Vorstufe zur Vernichtung der europäischen Juden.
Das »Euthanasie«-Mordprogramm wurde von einer Dienststelle der »Kanzlei des Führers« mit mehr als 60 Mitarbeitern entwickelt. Seine Planungs- und Verwaltungszentrale befand sich ab April 1940 in der Tiergartenstraße 4. Dort wurde unter dem Decknamen »T 4« – oder schlicht »Aktion« – der Massenmord an Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten im Deutschen Reich initiiert, koordiniert und durchgeführt.
Ärzte und Verwaltungspersonal organisierten die Erfassung und Selektion der Patienten sowie deren Transport in sechs eigens dafür eingerichtete Gasmordanstalten im Deutschen Reich. Über 70.000 Menschen fielen dem Massenmord an Patienten zum Opfer, bis die Aktion am 24. August 1941 aufgrund öffentlicher Unruhe unterbrochen wurde. Das Morden begann bereits mit Kriegsbeginn im September 1939 und wurde sowohl nach dem »Euthanasiestopp« im August 1941 als auch mit dem Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 im gesamten Deutschen Reich und in vielen besetzten Gebieten, insbesondere im Osten, fortgesetzt. Bis 1945 starben weitere 90.000 Patienten im Deutschen Reich durch Nahrungsentzug, Vernachlässigung und Medikamente. Dabei stellt »T 4« nur einen Teilkomplex des Gesamtverbrechens gegen Anstaltsbewohner dar. Die Forschung geht derzeit von insgesamt 300.000 Opfern des sogenannten »Euthanasie«-Programms in Europa aus. Allerdings liegen verlässliche Zahlen insbesondere für Osteuropa noch nicht vor.
Auf dem Gelände der Villa Tiergartenstraße 4 und der Nachbarhäuser steht heute die 1963 eingeweihte Philharmonie, erbaut von Hans Scharoun (1893–1972).
Nur wenige Täter und Mittäter der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde wurden zur Rechenschaft gezogen. Viele der an den Verbrechen beteiligten Ärzte waren nach Ende des Zweiten Weltkriegs weiterhin in ihrem Beruf tätig. Den Opfern verweigerten beide deutschen Staaten und Österreich ihre Anerkennung. Erst seit den 1980er Jahren entstanden in den früheren Tötungsanstalten und an anderen Tatorten Gedenkstätten und Erinnerungszeichen. Am Ort der Planungszentrale in der Tiergartenstraße 4 gibt es seit 1989 eine Gedenkplatte. 2007 gründete sich ein Runder Tisch »Überlegungen zur Umgestaltung des ›T4‹-Gedenkorts«.
Im November 2011 beschloss der Deutsche Bundestag, einen »Gedenkort für die Opfer der NS-›Euthanasie‹-Morde« am historischen Ort der Planungszentrale zu errichten. Am 2. September 2014 wurde das Denkmal feierlich der Öffentlichkeit übergeben.
Publikationen zum Denkmal
Angebote für Besucher
Initiativen und Partner
- AG Bund der »Euthanasie«-Geschädigten und Zwangssterilisierten
- www.gedenkort-t4.eu/de
- www.sigrid-falkenstein.de
- Gedenkstätte Bernburg
- Gedenkstätte Brandenburg
- Gedenkstätte Grafeneck
- Gedenkstätte Hadamar
- Gedenkstätte Hartheim
- Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein
- Denkzeichen in Berlin-Buch für die Opfer der nationalsozialistischen Zwangssterilisationen und »Euthanasie«–Morde
- Denkmal der grauen Busse
Barrierefreiheit
- Es gibt keine hauseigenen Parkplätze. Die nächsten öffentlichen Behinderten-PKW-Stellplätze befinden sich am Eingang der Philharmonie in ca. 50 m Entfernung.
- Die nächste Bushaltestelle ist »Philharmonie«.
- Es gibt keinen offiziellen Eingang. Die Gedenkstätte ist von allen Seiten zugänglich.
- Der Weg ist von der Oberflächenbeschaffenheit her leicht begeh- und befahrbar.
- Der Weg hat eine Mindestbreite von 310 cm.
- Die Exponate und dazugehörigen Informationen sind im Sitzen und Stehen einsehbar und lesbar.
- Es sind keine Sitzgelegenheiten vorhanden.
- Die Informationen werden schriftlich vermittelt und können als Film per Knopfdruck auch auf Bildschirmen per DGS abgerufen werden.
- Es sind keine Induktionsschleifen vorhanden.
- Assistenzhunde dürfen mitgebracht werden.
- Die Informationen werden schriftlich vermittelt und sind taktil erfassbar (Braille- und Prismenschrift).
- Die Gehwegbegrenzung ist visuell kontrastreich und taktil erfassbar. Es gibt teilweise taktil erfassbare Bodenindikatoren.
- Name und Logo des Betriebes sind von außen klar erkennbar.
- Das Ziel befindet sich in Sichtweite.
- Es gibt einen Katalog in Leichter Sprache.
Besucherordnung
Wir bitten alle Besucher, sich der Würde des Ortes angemessen zu verhalten.
Der Besuch des Erinnerungsortes erfolgt ganzjährig auf eigene Gefahr.
Nicht gestattet sind die Nutzung von Inlineskates, Skateboards und Fahrrädern, das Verunreinigen und Anbringen von Schmierereien, Lärmen, Betteln, Abhalten politischer Demonstrationen, das Anbringen und Mitführen von politischen Symbolen und Fahnen, Rauchen, Grillen und der Genuss alkoholischer Getränke.
Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen zu gewerblichen Zwecken bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas.